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Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung - AbwV)
Anhang 35 Chipherstellung

(Fundstelle: BGBl. I 2022, 90 - 93)


A Anwendungsbereich
(1) Dieser Anhang gilt für Abwasser, dessen Schadstofffracht im Wesentlichen aus der Chipherstellung stammt, einschließlich
1.
der dazugehörigen Vor-, Zwischen- und Nachbehandlung,
2.
der Maskenherstellung und der Teilereinigung, sofern das Abwasser eine vergleichbare Zusammensetzung wie das Abwasser aus der Chipherstellung aufweist, und
3.
des betriebsinternen Recyclings von Wafern, sofern das Abwasser eine vergleichbare Zusammensetzung wie das Abwasser aus der Chipherstellung aufweist.
(2) Dieser Anhang gilt nicht für Abwasser aus
1.
indirekten Kühlsystemen,
2.
der Aufbereitung von Betriebswasser, einschließlich Reinstwasser, sowie
3.
der Herstellung von Silizium-Einkristallen und dem Vereinzeln der Einkristalle zu Wafern.


B Allgemeine Anforderungen
(1) Abwasseranfall und Schadstofffracht sind so gering zu halten, wie dies durch folgende Maßnahmen möglich ist:
1.
Verlängerung der Nutzungsdauer von Prozesslösungen,
2.
Minimierung des Spülwasserbedarfs durch
a)
den Einsatz wassersparender Spültechniken wie
aa)
Kaskadenspülung oder
bb)
Kreislaufführung des Spülwassers über Ionenaustauscher,
b)
Filtrationstechniken oder
c)
andere Verfahren, die in ihrer Wirkung ähnlich sind,
3.
Mehrfachnutzung geeigneter Spülwässer im Produktionsprozess oder Verwendung geeigneter Spülwässer in anderen Betriebsbereichen nach Aufbereitung durch Kreislaufführung über lonenaustauscher, durch Filtrationstechniken oder durch andere Verfahren, die in ihrer Wirkung ähnlich sind,
4.
Rückgewinnung von Wertstoffen aus verbrauchten Prozesslösungen und aus geeigneten Abwasserteilströmen,
5.
Getrennthaltung und -behandlung von Abwasserteilströmen, soweit eine stoffliche Verwertung der anfallenden Schlämme möglich ist und Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften dem nicht entgegenstehen,
6.
Minimierung des Abwasseranfalls aus der Ablufterfassung und -behandlung,
7.
Minimierung der Bildung adsorbierbarer organisch gebundener Halogene (AOX) durch
a)
Einsatz von Salzsäure, die keine höhere Verunreinigung durch organische Halogenverbindungen aufweist, als nach DIN EN 939 (Ausgabe September 2016) zulässig ist,
b)
Einsatz von Eisen- und Aluminiumsalzen bei der Abwasserbehandlung, die keine höhere Belastung mit organischen Halogenverbindungen aufweisen als 100 Milligramm, jeweils bezogen auf ein Kilogramm Eisen oder Aluminium in den eingesetzten Behandlungsmitteln, oder
c)
Einsatz von cyanidfreien Prozesslösungen anstelle cyanidischer Prozesslösungen,
8.
Verzicht auf den Einsatz von Fotoresistlacken für fotolithografische Prozesse, in denen per- oder polyfluorierte Verbindungen (PFC) enthalten sind; kann auf den Einsatz dieser Lacke nicht verzichtet werden, so sind die Einsatzmenge in der Produktion und die Schadstofffracht im Abwasser entsprechend den technischen Möglichkeiten zu reduzieren,
9.
Verzicht auf den Einsatz von Organosulfiden in der Abwasserbehandlung; kann auf den Einsatz von Organosulfiden nicht verzichtet werden, so ist die Einsatzmenge zu minimieren und sind gegebenenfalls im Abwasser vorhandene Überschüsse vollständig zurückzuhalten durch Rückfällung mit Metallsalzen oder mit anderen geeigneten Mitteln.
(2) Die Einhaltung der Anforderungen nach Absatz 1 ist in einem betrieblichen Abwasserkataster nach Anlage 2 Nummer 1 zu dokumentieren.


C Anforderungen an das Abwasser für die Einleitungsstelle
An das Abwasser werden für die Einleitungsstelle in das Gewässer folgende Anforderungen gestellt:
 Qualifizierte Stichprobe oder
2-Stunden-Mischprobe
Aluminiummg/l2,0
Organisch gebundener Kohlenstoff, gesamt (TOC)mg/l20
Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB)mg/l60
Biochemischer Sauerstoffbedarf in 5 Tagen (BSB5)mg/l15
Fluorid, gelöstmg/l30
Phosphor, gesamtmg/l1,0
Ammoniumstickstoff (NH4-N)mg/l10
Nitritstickstoff (NO2-N)mg/l2,0
Eisenmg/l3,0
Abfiltrierbare Stoffe
(suspendierte Stoffe)
mg/l15
Giftigkeit gegenüber Fischeiern (GEi) 2


D Anforderungen an das Abwasser vor Vermischung
An das Abwasser werden vor der Vermischung mit anderem Abwasser folgende Anforderungen gestellt:
 Qualifizierte Stichprobe oder
2-Stunden-Mischprobe*
mg/l
Antimon 0,50
Adsorbierbare organisch gebundene Halogene (AOX)**  0,10
Arsen 0,20
Barium3,0
Blei 0,50
Cer 0,50
Chrom, gesamt 0,20
Cobalt1,0
Germanium 0,50
Gold 0,50
Hafnium 0,50
Kupfer 0,50
Molybdän 0,50
Nickel 0,50
Palladium 0,50
Platin 0,50
Praseodym 0,50
Ruthenium 0,50
Sulfid, leicht freisetzbar1,0
Titan1,0
Wolfram2,0
Zink2,0
Zinn2,0
Zirkonium 0,50
*
Bei Chargenanlagen beziehen sich alle Anforderungen auf die Stichprobe.
**
Für AOX gilt der Wert in der Stichprobe.


E Anforderungen an das Abwasser für den Ort des Anfalls
(1) An das Abwasser werden für den Ort des Anfalls folgende Anforderungen gestellt:
 Stichprobe
mg/l
Cadmium0,050  
Chrom VI0,10   
Cyanid, leicht freisetzbar0,20   
Selen1,0    
Silber0,10   
Thallium0,50   
Quecksilber0,00050
(2) Im Abwasser dürfen keine organischen Komplexbildner enthalten sein, die einen DOC-Abbaugrad nach 28 Tagen von mindestens 80 Prozent nach Anlage 1 Nummer 406 nicht erreichen.
(3) Abweichend von § 2 Nummer 5 ist der Ort des Anfalls des Abwassers der Ablauf der Vorbehandlungsanlage für den jeweiligen Parameter.


F Anforderungen für vorhandene Einleitungen
Für vorhandene Einleitungen von Abwasser aus Anlagen, die vor dem 28. Januar 2022 rechtmäßig in Betrieb waren oder mit deren Bau zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig begonnen worden ist, gelten die Anforderungen dieses Anhangs ab dem 1. Juli 2022. Bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 gelten für Einleitungen nach Satz 1 die Anforderungen nach Anhang 54 in der am 27. Januar 2022 geltenden Fassung.


G Abfallrechtliche Anforderungen
Abfallrechtliche Anforderungen werden nicht gestellt.


H Betreiberpflichten
Sofern PFC-haltige Prozesschemikalien verwendet werden oder verwendet wurden, ist der Betreiber verpflichtet,
1.
die Einsatzmengen der PFC-haltigen Prozesschemikalien im Betriebstagebuch nach Anlage 2 Nummer 2 Buchstabe e für jede Dosierstelle zu dokumentieren und
2.
im behandelten Abwasser vor Einleitung PFC mindestens jährlich zu messen, sofern die Behörde nicht etwas Anderes festlegt.