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Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Verordnung über Finanzrückversicherungsverträge und Verträge ohne hinreichenden Risikotransfer (Finanzrückversicherungsverordnung - FinRVV)
§ 4 Allgemeine Anforderungen an den hinreichenden Risikotransfer

(1) Der hinreichende Risikotransfer eines Finanzrückversicherungsvertrages ist durch eine Risikoprüfung (Risikotransfertest) zu belegen, es sei denn, der Finanzrückversicherungsvertrag hat für beide Vertragsparteien eine nur unwesentliche wirtschaftliche Bedeutung. Im Rahmen des Risikotransfertests sind Verträge, die eine wirtschaftliche Verbindung zu anderen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien besitzen, als wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Die Gründe, die zu der Einschätzung geführt haben, dass eine nur unwesentliche Bedeutung vorliegt, sowie das Ergebnis der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Verbindung zu anderen Verträgen besteht, sind von der jeweiligen Vertragspartei zu dokumentieren.
(2) Sind Risiken aus der Nichtlebensversicherung mit Ausnahme der in Absatz 4 genannten Risiken Vertragsgegenstand, liegt ein hinreichender Risikotransfer dann vor, wenn der Rückversicherer durch eine Übernahme von versicherungstechnischem Risiko und von Zeitpunktrisiko mit einer Mindestwahrscheinlichkeit einen nicht unerheblichen Verlust erleiden wird. Ein hinreichender Risikotransfer liegt vor, wenn der absolute Betrag des erwarteten Verlusts des Rückversicherers mindestens 1 Prozent des erwarteten Beitrags beträgt. Fällt der absolute Betrag des erwarteten Verlusts des Rückversicherers geringer aus, ist im Regelfall ein hinreichender Risikotransfer dann anzunehmen, wenn
1.
der rückversicherte Anteil den Originalbedingungen des Vorversicherers folgt oder diese Originalbedingungen zu Ungunsten des Rückversicherers verändert werden und
2.
die Originalbedingungen zum anderen einen versicherungstechnischen Risikotransfer beinhalten.
Ein hinreichender Risikotransfer liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der rückversicherte Anteil die Originalbedingungen so verändert, dass ein Verlust des Rückversicherers während der Vertragslaufzeit in keinem Fall eintreten kann, oder wenn der Vorversicherer auf Grund des Rückversicherungsvertrages verpflichtet ist, einen eventuell auftretenden Verlust des Rückversicherers vollständig auszugleichen.
(3) Sind Risiken aus der Lebensversicherung Vertragsgegenstand, liegt ein hinreichender Risikotransfer vor, wenn
1.
der Rückversicherer im Rahmen einer realistischen Betrachtung durch eine Übertragung von versicherungstechnischem Risiko und von Zeitpunktrisiko über die Gesamtlaufzeit des Vertrages mit einer Mindestwahrscheinlichkeit einen nicht unerheblichen Verlust erleiden wird,
2.
der Rückversicherer vom Vorversicherer Geschäft übernimmt, das nach den im Herkunftsstaat des Vorversicherers geltenden Vorschriften als Versicherungsgeschäft anerkannt ist, und
3.
sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten des Vorversicherers und des Rückversicherers sowie alle aus einer Verrechnung herrührenden Salden aus dem Vertrag in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Verlauf des zugrunde liegenden Versicherungsgeschäfts stehen.
Das Kriterium des Satzes 1 Nummer 1 ist insbesondere dann erfüllt, wenn der rückversicherte Anteil den Originalbedingungen des Vorversicherers folgt oder diese Originalbedingungen zu Ungunsten des Rückversicherers verändert. Ein sachlicher Zusammenhang im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 ist vor allem dann anzunehmen, wenn etwaige Verpflichtungen des Vorversicherers mit dem Risikotransfer nicht nur willkürlich verbunden sind und wenn der Rückversicherer aus dem Vertrag keinen unabdingbaren Rückzahlungsanspruch, sondern nur die Chance auf künftige Risiko-, Zins- und Kostengewinne erhält. Alle Verpflichtungen der Vertragspartner unter dem Vertrag sind unabhängig davon, ob ein solcher sachlicher Zusammenhang besteht, in die Ermittlung des Risikotransfers einzubeziehen; jedoch dürfen Vertragsstrafen für den Fall einer außerordentlichen Beendigung des Vertrages bei dem Risikotransfertest nicht berücksichtigt werden. Abweichend von Satz 1 liegt ein hinreichender Risikotransfer auch vor, wenn eine der in Satz 1 Nummer 2 und 3 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt ist und das Unternehmen den hinreichenden Risikotransfer mit Hilfe nachprüfbarer Berechnungen auf der Grundlage geeigneter realistischer Szenarien nachweist und dokumentiert. Absatz 2 Satz 4 gilt für die Risiken aus der Lebensversicherung entsprechend. Zusatzrisiken zur Lebensversicherung im Sinne von § 10 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sind in die Ermittlung des Risikotransfers unter dem Lebensrückversicherungsvertrag einzubeziehen.
(4) Sind Risiken aus der Krankenversicherung, die nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, Vertragsgegenstand, ist Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(5) Sind sowohl Risiken aus dem Bereich der Lebensversicherung oder der Krankenversicherung im Sinne des Absatzes 4 als auch Risiken aus dem Bereich der Nichtlebensversicherung mit Ausnahme der Krankenversicherung im Sinne des Absatzes 4 Vertragsgegenstand, sind die Absätze 2 und 3 jeweils auf den auf ihren Anwendungsbereich entfallenden Teil der Risiken anzuwenden, soweit eine eindeutige Trennung möglich ist. Die Prüfung und Feststellung, ob ein hinreichender Risikotransfer vorliegt, erfolgt in diesem Fall für beide Teile gesondert. Kommt es dabei für beide Teile zu unterschiedlichen Feststellungen darüber, ob der Risikotransfer hinreichend ist, sind beide Teile des Vertrages insoweit wie unterschiedliche Verträge zu behandeln. Kommt dabei entweder den Risiken nach Absatz 2 oder den Risiken nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, eine im Verhältnis zu dem anderen Teil der Risiken nur unwesentliche Bedeutung zu, richtet sich die Feststellung des hinreichenden Risikotransfers unter dem Vertrag allein nach dem anderen Teil. In allen anderen Fällen richtet sich die Prüfung des hinreichenden Risikotransfers nach Absatz 3.

Fußnote

(+++ § 4: Zur Anwendung vgl. § 9 +++)