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Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Anordnung über Halden und Restlöcher
Anlage 1 zu § 3 vorstehender Anordnung
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Anordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1.
"Abraum" - Teil der Erdrinde, der zur Freilegung und somit zur Nutzbarmachung eines oder mehrerer Rohstoffkörper im Tagebauraum bewegt werden muß und sich aus dem Deckgebirge, den Mitteln, dem tagebautechnisch bedingten Abtrag von Liegendschichten und den Abbauverlusten zusammensetzt.
2.
"Bergbauhalde" - Halde, die infolge bergbaulicher Tätigkeit entsteht bzw. entstand.
3.
"Berge" - taubes Festgestein, das bei der Gewinnung von mineralischen Rohstoffen aus bergbautechnischen Gründen mit gewonnen werden muß.
4.
"Berme" - Trennebene von geringer Breite in einem Böschungssystem. Sie wird begrenzt von einer Böschungsunterkante und der Oberkante der tiefer gelegenen Böschung.
5.
"Bleibende Böschung" - die an festgelegten Grenzen entstehende Böschung.
6.
"Böschung" - geneigte Fläche, die bei der Gewinnung einschließlich Verkippung zwischen zwei Trennebenen entsteht, sowie die Mantelfläche einer Spitzhalde.
7.
"Böschungssystem" - ein aus zwei oder mehreren übereinanderliegenden Böschungen gebildetes System mit den dazugehörigen Trennebenen.
8.
"Dauerhaft" - ist eine Halde, wenn z.B. eine Wiedergewinnung des Haldenmaterials nicht geplant oder nach dem Stand der Erkenntnisse nicht zu erwarten oder erst nach einem längeren Zeitraum - anhaltsweise 15 Jahre - vorgesehen ist. Der als Anhalt genannte Zeitraum kann hinsichtlich der Wiederurbarmachung länger, hinsichtlich der Standsicherheit von bleibenden Böschungen, insbesondere an zu schützenden Objekten, erheblich kürzer angesetzt werden.
9.
"Festgestein" - Gestein mit zähen, festen inneren Bindungen, praktisch unzusammendrückbar und wasserstabil mit einer Druckfestigkeitsgrenze in wassergesättigtem Zustand von mindestens 5 M Pa (ca. 50 kp/qcm).
10.
"Generalneigung" - spitzer Winkel eines Böschungssystems, der durch die Verbindungsgerade von der Oberkante der obersten bis zur Unterkante der untersten Böschung und deren Projektion auf die Horizontalebene gebildet wird. Genannter Winkel liegt in einer rechtwinklig zu den Böschungskanten verlaufenden Ebene. Die Größe der Generalneigung kann im Winkelmaß oder im Neigungsverhältnis von 1 (vertikal) : n (horizontal) ausgedrückt werden.
11.
"Haldenhöhe" - der Höhenunterschied zwischen der Haldenunterkante und der Haldenoberkante. Sie kann in Abhängigkeit von der Gestaltung der Auflagefläche der Halde und/oder der Oberfläche der Halde zwischen einem Kleinst- und einem Größtwert liegen.
12.
"Haldenmaterial" - die trockenen und feuchten, nicht fließfähigen Abprodukte (Industrieabprodukte und Siedlungsabfälle) sowie Abraum und Berge.
13.
"Kippe" - Halde in einem Restloch.
14.
"Klassifizierte Halde" - eine Halde
a)
über Gelände, wenn
-
die geplante oder tatsächliche Höhe mindestens 5 m und die geplante oder tatsächliche Grundfläche mindestens 0,5 ha oder
-
die geplante oder tatsächliche Höhe unabhängig von der Grundfläche mindestens 15 m
beträgt,
b)
in einem Restloch (Kippe), wenn die geplante oder tatsächliche Höhe mindestens 5 m beträgt.
15.
"Klassifiziertes Restloch" - ein Restloch, dessen geplante oder tatsächliche Tiefe mindestens 10 m und die geplante oder tatsächliche Grundfläche mindestens 0,5 ha beträgt.
16.
"Lockergestein" - nicht zementiertes oder durch andere geologische Vorgänge nicht verfestigtes Gestein ohne festen Zusammenhalt.
17.
"Nichtbergbauhalde" - Halde, die infolge anderer als bergbaulicher Tätigkeit entsteht bzw. entstand.
18.
"Örtliche Haldenhöhe" - der Höhenunterschied zwischen der Haldenunterkante und der Haldenoberkante für einen bestimmten Abschnitt des Böschungssystems.
19.
"Örtliche Restlochtiefe" - der Höhenunterschied zwischen der Restlochoberkante und der Restlochsohle für einen bestimmten Abschnitt des Böschungssystems.
20.
"Restlochtiefe" - der Höhenunterschied zwischen der Restlochoberkante und der Restlochsohle. Sie kann in Abhängigkeit vom Verlauf der Restlochoberkante und/oder von der Gestaltung der Restlochsohle zwischen einem Kleinst- und einem Größtwert liegen.
21.
"Rutschung" - vertikale und horizontale geometrische Lageveränderung einer Böschung oder eines Böschungssystems infolge Schwerkrafteinwirkung.
22.
"Rutschungsbegünstigende Verhältnisse" - Gefahrenmomente, die die Standsicherheit von Böschungen und Böschungssystemen negativ beeinflussen. Sie liegen vor, wenn z.B.
a)
sich Schwächezonen in der Halde bilden infolge Konzentration von Haldenmaterial geringer Scherfestigkeit oder Verringerung der Scherfestigkeit aufgrund späterer Veränderungen des Haldenmaterials,
b)
der Haldenuntergrund
-
Schichten geringer Tragfähigkeit besitzt, wie bindige Lockergesteine weicher Konsistenz,
-
starken Lageveränderungen ausgesetzt ist oder wird, z.B. durch Grubenbaue und andere unterirdische Hohlräume,
c)
die Neigung der Auflagefläche von Halden mit Einfallen aus der Böschung oder die Neigung der Sohle von Restlöchern mit Lockergestein in Richtung des offenen Restloches 6 Grad übersteigt,
d)
Böschungen von Halden mit mehr als 15 m Höhe sich an Erhebungen über der Auflagefläche, wie Bauwerke, Dämme, anlehnen, die nicht als Widerlager geplant sind,
e)
Veränderungen des Grundwasserspiegels im Haldenmaterial oder im Lockergestein im Bereich der Restlochböschungen oder des freien Wasserspiegels im Restloch entstehen und wahrgenommen werden,
f)
an Haldenböschungen oder an Böschungen von Restlöchern im Lockergestein Wasser austritt,
g)
bei Halden Voraussetzungen für ein Setzungsfließen vorhanden sind, wie Bodenmaterial in lockerer Lagerung mit hohem Wassergehalt,
h)
Anzeichen für Rutschungen erkannt oder andere Umstände wahrgenommen werden, die die Standsicherheit der Böschung beeinträchtigen.
23.
"Schwächeflächen" - Schichten, Gänge und Klüfte mit geringerer Scherfestigkeit als das umgebende Festgestein. Sie beeinträchtigen insbesondere die Standsicherheit bei Einfallen aus der Böschung.
24.
"Setzungsfließen" - plötzliches Ausfließen von gekipptem, nicht bindigem Lockergestein geringer Lagerungsdichte in einer Böschung oder einem Böschungssystem infolge Gefügezusammenbruchs bei Wassersättigung. Das dabei entstehende Boden-Wasser-Gemisch verhält sich wie eine Flüssigkeit.
25.
"Sicherheitsabstand" - Abstand von zu schützenden Objekten zur Ober- oder Unterkante von bleibenden Einzelböschungen bzw. bleibenden Böschungssystemen einer Halde oder der Oberkante eines Restloches. Er legt vorwiegend den verfügbaren Randstreifen zur Durchführung von evtl. erforderlichen Sicherungsmaßnahmen fest und beinhaltet nicht grundsätzlich ein Nutzungsverbot von Flächen bis zu notwendigen Absperrmaßnahmen.
26.
"Standsicherheit" - Sicherheit, die gewährleistet, daß eine Böschung oder ein Böschungssystem nicht zu Bruch geht.
27.
"Standsicherheitseinschätzung" - Dokumentation über durchgeführte geotechnische Untersuchungen von Böschungen, für die keine Berechnungsverfahren anwendbar sind, für die sich repräsentative geotechnische Kennwerte nicht ermitteln lassen oder diese nur aus Analogieschlüssen abgeleitet werden können.
28.
"Standsicherheitskoeffizient" - Verhältnis von Kräften, Momenten oder Spannungen, die im Böschungskörper einer Rutschung entgegenwirken, zu Kräften, Momenten oder Spannungen infolge Eigengewicht und Zusatzlasten, die eine Rutschung hervorrufen können.
29.
"Standsicherheitsnachweis" - Dokumentation über durchgeführte geotechnische Untersuchungen von Böschungen mittels Berechnungsverfahren auf der Grundlage repräsentativer geotechnischer Kennwerte zum Ausweisen eines Standsicherheitskoeffizienten.
30.
"Zu schützende Objekte" - Bauwerke, Anlagen und Einrichtungen, wie Straßen, Bahnlinien, Vorfluter und andere Gewässer, Wohn- und öffentliche Gebäude, Fabrikanlagen, Werkstätten, Versorgungsleitungen.