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Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Verordnung zu den Mindestanforderungen an Sanierungspläne für Institute 1 (Sanierungsplanmindestanforderungsverordnung - MaSanV)
§ 9 Belastungsanalyse

(1) Wie in Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe d der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1075 beschrieben, ist die Wirksamkeit der Handlungsoptionen und die Zweckmäßigkeit der Indikatoren in einer Reihe von Belastungsszenarien zu bewerten.
(2) Die Anzahl der Belastungsszenarien hängt von der Größe, Komplexität und Vernetzung des Instituts oder der Gruppe sowie von Art, Umfang und Komplexität des Geschäftsmodells und des damit einhergehenden Risikos ab. Das Institut hat für die Belastungsanalyse mindestens vier verschiedene Belastungsszenarien zu entwickeln.
(3) Der Sanierungsplan muss mindestens ein Belastungsszenario aus jeder der folgenden Kategorien enthalten:
1.
ein Belastungsszenario, in dem das Risiko ernsthafter nachteiliger Auswirkungen auf ein einzelnes Institut, eine einzelne Gruppe oder ein Institut in einer Gruppe besteht (idiosynkratisches Belastungsszenario),
2.
ein Belastungsszenario, in dem das Risiko ernsthafter nachteiliger Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft besteht (systemweites Belastungsszenario) sowie
3.
die Kombination aus einem idiosynkratischen und einem systemweiten Belastungsszenario.
Bei der Entwicklung von weiteren Belastungsszenarien kann das Institut die Kategorie unter Berücksichtigung der Vorgaben aus Absatz 5 selbst auswählen. Der Sanierungsplan muss mindestens ein Belastungsszenario mit plötzlich eintretenden nachteiligen Entwicklungen und mindestens ein Belastungsszenario mit langsam eintretenden nachteiligen Entwicklungen enthalten.
(4) Die Belastungsszenarien müssen schwerwiegend genug sein, um die Wirksamkeit der Sanierungsoption und die Zweckmäßigkeit der Indikatoren nach Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe d der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1075 bei der Notfallplanung prüfen zu können. Ein Belastungsszenario ist nur dann schwerwiegend genug, wenn in dessen Verlauf der Schwellenwert mindestens eines Indikators nach § 7 Absatz 1 oder der Schwellenwert einer Kombination von Indikatoren nach § 7 Absatz 7 erreicht wird und die ungehinderte Weiterentwicklung des Belastungsszenarios zu einer Bestandsgefährdung des Instituts oder eines gruppenangehörigen Unternehmens nach Artikel 18 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 225 vom 30.7.2014, S. 1; L 101 vom 18.4.2015, S. 62) oder nach § 63 Absatz 1 oder § 64 in Verbindung mit § 62 Absatz 1 Nummer 1 oder § 63 Absatz 1 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes führen könnte.
(5) Die Belastungsszenarien müssen die wesentlichen Risiken abbilden, denen das Institut oder die Gruppe ausgesetzt ist. Für die Feststellung der wesentlichen instituts- oder gruppenspezifischen Risiken sind insbesondere das Geschäfts- und Refinanzierungsmodell, die Art der Geschäftstätigkeiten, die Struktur des Instituts oder der Gruppe, die Größe oder Vernetzung mit anderen Instituten oder dem Finanzsystem im Allgemeinen sowie Risiken oder Schwachstellen des Instituts oder der Gruppe zu berücksichtigen. Das Belastungsszenario muss auf Ereignissen beruhen, die außergewöhnlich, aber plausibel sind.
(6) Bei der Entwicklung idiosynkratischer Belastungsszenarien sind die folgenden Ereignisse vorrangig in Betracht zu ziehen:
1.
der Ausfall wichtiger Geschäftspartner,
2.
die Schädigung des Ansehens des Instituts oder der Gruppe,
3.
erhebliche Liquiditätsabflüsse,
4.
nachteilige Entwicklungen der Preise von Vermögenswerten, denen das Institut oder die Gruppe in erheblichem Umfang ausgesetzt ist,
5.
erhebliche Kreditausfälle und
6.
ein erhebliches operationelles Verlustrisiko.
Bei der Entwicklung von systemweiten Belastungsszenarien sind die folgenden Ereignisse vorrangig in Betracht zu ziehen:
1.
der Ausfall von wichtigen Geschäftspartnern mit Auswirkungen auf die Finanzstabilität,
2.
ein Rückgang der auf dem Markt für Interbankenkredite verfügbaren Liquidität,
3.
ein erhöhtes Länderrisiko und allgemeine Kapitalabflüsse aus einem für die Geschäftstätigkeit des Instituts oder der Gruppe wichtigen Land,
4.
eine ungünstige Entwicklung der Preise von Vermögenswerten auf einem oder mehreren Märkten und
5.
ein Konjunkturabschwung.
Sollten andere als die in den Sätzen 1 und 2 genannten Ereignisse die instituts- oder gruppenspezifischen Risiken besser abbilden, sind diese Ereignisse bei der Entwicklung von Belastungsszenarien heranzuziehen. Die Auswahl der Ereignisse für die Belastungsszenarien ist nachvollziehbar zu begründen. Die Aufsichtsbehörde kann einem oder mehreren Instituten und übergeordneten Unternehmen bestimmte Belastungsszenarien vorgeben, die sich auf das Institut, gruppenangehörige Unternehmen oder die gesamte Gruppe beziehen.
(7) Die Belastungsszenarien und die zugrunde gelegten Annahmen sind in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbar zu beschreiben.
(8) Die Auswirkungen der Belastungsszenarien sowohl auf das Institut als auch auf die Gruppe sind darzustellen. Diese Darstellung umfasst insbesondere die Auswirkungen auf Kapital, Liquidität, Ertragskraft, Risikoprofil, Fortführung des Geschäftsbetriebs einschließlich Zahlungs- und Abrechnungsprozessen sowie das Ansehen des Instituts oder der Gruppe. Die Auswirkungen der Belastungsszenarien auf die Entwicklung der relevanten Indikatorenwerte im Verlauf der Belastungsszenarien sind ebenfalls darzustellen.
(9) Betrachtungshorizont für die Analyse nach Artikel 12 Absatz 3 Satz 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1075 ist die gesamte Zeitspanne, die benötigt wird, um die finanzielle Stabilität des Instituts oder der Gruppe zu sichern oder wiederherzustellen. Bei der Analyse der Auswirkungen und der Umsetzbarkeit der in den Belastungsszenarien eingesetzten Handlungsoptionen sind die verwendeten Annahmen und die Auswirkungen der Handlungsoptionen auf die relevanten Indikatorenwerte nachvollziehbar darzustellen.