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Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz - SAG)
§ 46 Gruppenabwicklungspläne; Mitwirkung der EU-Mutterunternehmen und Dritter

(1) Ist die Abwicklungsbehörde gemäß § 155 die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde, erstellt sie den Gruppenabwicklungsplan. Die Abwicklungsbehörde arbeitet dabei mit den in Absatz 6 Satz 1 Nummer 5 genannten Abwicklungsbehörden in Abwicklungskollegien zusammen und stimmt sich mit den jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden ab. Wenn die Anforderungen des § 8 erfüllt sind, kann die Abwicklungsbehörde bei der Erstellung des Gruppenabwicklungsplans Abwicklungsbehörden aus Drittstaaten einbeziehen, in denen die Gruppe Tochterunternehmen, Finanzholdinggesellschaften oder bedeutende Zweigniederlassungen hat. Der Gruppenabwicklungsplan soll keine unverhältnismäßigen Auswirkungen auf einen Mitgliedstaat haben.
(2) Der Gruppenabwicklungsplan wird auf der Basis der nach Absatz 5 zur Verfügung gestellten Informationen erstellt. Der Gruppenabwicklungsplan umfasst einen Plan für die Abwicklung der Gruppe als Ganzes entweder durch das Ergreifen von Maßnahmen auf der Ebene des EU-Mutterunternehmens oder durch eine Aufteilung der Gruppe und eine Abwicklung der Tochtergesellschaften. Der Gruppenabwicklungsplan enthält Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf
1.
das EU-Mutterunternehmen,
2.
die Tochterunternehmen, die Teil der Gruppe sind und ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben,
3.
sonstige gruppenangehörige Unternehmen und
4.
Tochterunternehmen, die ihren Sitz nicht in einem Mitgliedstaat haben, vorbehaltlich der Regelungen in §§ 167 bis 171.
Im Gruppenabwicklungsplan sind für jede Gruppe die Abwicklungseinheiten und die Abwicklungsgruppen zu bestimmen.
(3) Im Gruppenabwicklungsplan
1.
werden die Abwicklungsmaßnahmen, die nach den in § 40 Absatz 2 Nummer 2 genannten Szenarien in Bezug auf Abwicklungseinheiten zu treffen sind, sowie die Auswirkungen dieser Abwicklungsmaßnahmen auf das EU-Mutterunternehmen, auf das Tochterunternehmen und auf sonstige gruppenangehörige Unternehmen dargelegt; dabei werden, sofern eine in Absatz 2 genannte Gruppe mehr als eine Abwicklungsgruppe umfasst, Abwicklungsmaßnahmen für die Abwicklungseinheiten einer jeden Abwicklungsgruppe dargelegt einschließlich der Auswirkungen dieser Maßnahmen auf andere Unternehmen der Gruppe, die derselben Abwicklungsgruppe angehören, und auf andere Abwicklungsgruppen;
2.
wird analysiert, inwieweit bei in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Abwicklungseinheiten in koordinierter Weise die Abwicklungsinstrumente angewandt und die Abwicklungsbefugnisse ausgeübt werden können, unter anderem, indem einem Dritten der Erwerb folgender Teile erleichtert wird:
a)
der Gruppe als Ganzes,
b)
bestimmter abgegrenzter Geschäftsbereiche oder -tätigkeiten, die von mehreren Unternehmen der Gruppe erbracht werden,
c)
bestimmter Unternehmen der Gruppe oder
d)
bestimmter Abwicklungsgruppen;
3.
werden etwaige Hindernisse für eine koordinierte Abwicklung aufgezeigt;
4.
werden, sofern einer Gruppe Unternehmen angehören, die ihren Sitz in Drittstaaten haben, zum einen angemessene Verfahren für die Zusammenarbeit und die Abstimmung mit den jeweils zuständigen Behörden der betreffenden Drittstaaten festgelegt und zum anderen die Auswirkungen einer Abwicklung in der Union aufgezeigt;
5.
werden Maßnahmen, einschließlich einer rechtlichen und wirtschaftlichen Trennung bestimmter Funktionen oder Geschäftsbereiche, dargestellt, die erforderlich sind, um bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen eine Abwicklung auf Gruppenebene zu erleichtern;
6.
werden alle zusätzlichen Maßnahmen beschrieben, die die Abwicklungsbehörde in Bezug auf die Unternehmen innerhalb einer jeden Abwicklungsgruppe zu treffen beabsichtigt;
7.
soll nicht von den folgenden Annahmen ausgegangen werden:
a)
der Gewährung einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln, die über die Gewährung von Mitteln des Restrukturierungsfonds gemäß § 1 des Restrukturierungsfondsgesetzes hinausgeht,
b)
der Gewährung einer Notfallliquiditätshilfe durch eine Zentralbank oder
c)
der Gewährung einer Liquiditätshilfe durch eine Zentralbank auf der Basis nicht standardisierter Besicherungen, Laufzeiten oder Zinssätze;
8.
werden, vorbehaltlich der Regelung in Nummer 7, Angaben zur möglichen Finanzierung der verschiedenen Gruppenabwicklungsmaßnahmen gemacht und, sofern der Einsatz von Finanzierungsmechanismen erforderlich ist, Grundsätze für eine Aufteilung der Finanzierungsverantwortung zwischen Finanzierungsmechanismen in mehreren Mitgliedstaaten dargelegt; diese Grundsätze sollen auf fairen und ausgewogenen Kriterien beruhen und insbesondere den Bestimmungen des § 12i des Restrukturierungsfondsgesetzes sowie den Auswirkungen auf die Finanzstabilität in allen betroffenen Mitgliedstaaten Rechnung tragen;
9.
ist detailliert auf die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit nach § 58 einzugehen und
10.
werden technische Regulierungsstandards, die nach Artikel 12 Absatz 6 der Richtlinie 2014/59/EU erlassen werden, beachtet.
Der Inhalt des Gruppenabwicklungsplans soll sich an den Vorgaben des § 40 Absatz 3 orientieren.
(4) Nach seiner erstmaligen Erstellung wird der Gruppenabwicklungsplan mindestens einmal im Kalenderjahr sowie nach Änderungen der Rechts- oder Organisationsstruktur, der Geschäftstätigkeit oder der Finanzlage der Gruppe, einschließlich der Finanzlage jedes Unternehmens der Gruppe, die sich wesentlich auf den Gruppenabwicklungsplan auswirken oder dessen Änderung erforderlich machen könnten, geprüft und gegebenenfalls aktualisiert. Absatz 1 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(5) Das EU-Mutterunternehmen unterstützt die Abwicklungsbehörde umfassend und übermittelt ihr die entsprechenden Informationen und Analysen. Diese umfassende Unterstützung, Informationen und Analysen betreffen das EU-Mutterunternehmen und, soweit notwendig, jedes nachgeordnete Unternehmen der Gruppe und sonstige Mitglieder der Gruppe. § 42 ist entsprechend anzuwenden.
(6) Unter der Voraussetzung, dass die Vertraulichkeit nach Maßgabe der §§ 5 bis 10 und 21 gewahrt ist, übermittelt die Abwicklungsbehörde die Informationen und Analysen, die sie gemäß Absatz 5 erhält, an
1.
die Europäische Bankenaufsichtsbehörde,
2.
die in Bezug auf Tochterunternehmen zuständigen Abwicklungsbehörden,
3.
die Abwicklungsbehörden der Aufnahmemitgliedstaaten, in denen sich bedeutende Zweigniederlassungen befinden, sofern Belange der jeweiligen bedeutenden Zweigniederlassung betroffen sind,
4.
die in den Artikeln 115 und 116 der Richtlinie 2013/36/EU genannten zuständigen Behörden und
5.
die Abwicklungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen sich gruppenangehörige Unternehmen befinden.
Die Informationen und Analysen, die nach Satz 1 Nummer 2, 3 und 4 an die dort genannten Behörden übermittelt werden, umfassen mindestens die Informationen und Analysen, die Belange des Tochterunternehmens oder der bedeutenden Zweigniederlassung betreffen. Der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde sind alle Informationen und Analysen zu übermitteln, die für ihre Rolle im Prozess der Gruppenabwicklungsplanung von Belang sind. Handelt es sich um Informationen über Drittstaatsunternehmen, so ist die Abwicklungsbehörde nicht verpflichtet, diese Informationen ohne Zustimmung der betreffenden Aufsichts- oder Abwicklungsbehörde des Drittstaats zu übermitteln.
(7) Dritte sind entsprechend § 45 zur Mitwirkung verpflichtet.
(8) § 40 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden, wobei im Rahmen der entsprechenden Anwendung von § 40 Absatz 5 Satz 2 die Offenlegung gegenüber dem EU-Mutterunternehmen erfolgt.