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Schleswig-Holstein

Landeswassergesetz (LWG) vom 13. November 2019

§ 85 - Enteignung, vorzeitige Besitzeinweisung

(zu § 71 und abweichend von § 71 Absatz 1 Satz 1 und § 71a WHG)

(1) Abweichend von § 71 Absatz 1 Satz 1 WHG ist für ein Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung, der öffentlichen Abwasserbeseitigung, des Küsten- und Hochwasserschutzes oder des Ausbaus von Gewässern im öffentlichen Interesse, das der Planfeststellung bedarf, die Enteignung zulässig. Satz 1 gilt für Plangenehmigungen entsprechend, wenn Rechte anderer nur unwesentlich beeinträchtigt werden. Für das Verfahren gelten die allgemeinen landesrechtlichen Vorschriften über die Enteignung.

(2) Ist der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten und weigert sich die Eigentümerin oder der Eigentümer oder die Besitzerin oder der Besitzer, den Besitz eines für das Unternehmen benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen, so hat die Enteignungsbehörde die Unternehmerin oder den Unternehmer auf Antrag nach Feststellung des Plans oder Erteilung der Plangenehmigung in den Besitz einzuweisen. Der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung müssen vollziehbar sein. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht.

(3) Die Enteignungsbehörde hat spätestens sechs Wochen nach Eingang des Antrags auf Besitzeinweisung mit den Beteiligten mündlich zu verhandeln. Hierzu sind die Unternehmerin oder der Unternehmer und die Betroffenen zu laden. Dabei ist den Betroffenen der Antrag auf Besitzeinweisung mitzuteilen. Die Ladungsfrist beträgt drei Wochen. Mit der Ladung sind die Betroffenen aufzufordern, etwaige Einwendungen gegen den Antrag möglichst vor der mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde einzureichen. Sie sind außerdem darauf hinzuweisen, dass auch bei Nichterscheinen über den Antrag auf Besitzeinweisung und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann.

(4) Soweit der Zustand des Grundstücks von Bedeutung ist, hat ihn die Enteignungsbehörde vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift festzustellen oder durch eine Sachverständige oder einen Sachverständigen ermitteln zu lassen. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift oder des Ermittlungsergebnisses zu übersenden.

(5) Der Beschluss über die Besitzeinweisung soll der Unternehmerin oder dem Unternehmer und den Betroffenen spätestens zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung zugestellt werden. Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Dieser Zeitpunkt soll auf höchstens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an die Besitzerin oder den Besitzer festgesetzt werden. Durch die Besitzeinweisung wird der Besitzerin oder dem Besitzer der Besitz entzogen und die Unternehmerin oder der Unternehmer neuer Besitzer. Die Unternehmerin oder der Unternehmer darf auf dem Grundstück das im Antrag auf Besitzeinweisung bezeichnete Bauvorhaben ausführen und die dafür notwendigen Maßnahmen treffen.

(6) Die Unternehmerin oder der Unternehmer hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile eine Entschädigung zu leisten, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung für die Entziehung oder Beschränkung des Eigentums oder eines anderen Rechts ausgeglichen werden. Art und Höhe der Entschädigung sind von der Enteignungsbehörde in einem Beschluss festzusetzen.

(7) Wird der festgestellte Plan oder die Plangenehmigung aufgehoben, so ist auch die vorzeitige Besitzeinweisung aufzuheben und die vorherige Besitzerin oder der vorherige Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Die Unternehmerin oder der Unternehmer hat für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile eine Entschädigung zu leisten.

(8) Ein Rechtsbehelf gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung hat keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Absatz 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses gestellt und begründet werden.