(1) Der Gewerbetreibende hat im Rahmen der Anlageberatung vom Anleger alle Informationen
- 1.
über Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers in Bezug auf bestimmte Arten von Finanzanlagen,
- 2.
über die finanziellen Verhältnisse des Anlegers, einschließlich seiner Fähigkeit, Verluste zu tragen, und
- 3.
über seine Anlageziele, einschließlich seiner Risikotoleranz,
einzuholen, die erforderlich sind, um dem Anleger eine Finanzanlage empfehlen zu können, die für ihn geeignet ist und insbesondere seiner Risikotoleranz und seiner Fähigkeit Verluste zu tragen, entspricht. Der Gewerbetreibende darf dem Anleger nur Finanzanlagen empfehlen, die nach den eingeholten Informationen für diesen geeignet sind (Geeignetheitsprüfung). Hinsichtlich der Anforderungen an die Geeignetheit und der im Zusammenhang mit der Geeignetheit geltenden Pflichten sind die Artikel 54 und 55 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission entsprechend anzuwenden. Sofern der Gewerbetreibende die erforderlichen Informationen nicht erlangt, darf er dem Anleger im Rahmen der Anlageberatung keine Finanzanlage empfehlen.
(2) Vor einer Anlagevermittlung hat der Gewerbetreibende vom Anleger Informationen über seine Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzanlagen einzuholen, soweit diese Informationen erforderlich sind, um die Angemessenheit der Finanzanlage für den Anleger beurteilen zu können. Die Angemessenheit beurteilt sich danach, ob der Anleger über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken im Zusammenhang mit der Art der Finanzanlage angemessen beurteilen zu können. Gelangt der Gewerbetreibende aufgrund der nach Satz 1 erhaltenen Information zu der Auffassung, dass die vom Anleger gewünschte Finanzanlage für den Anleger nicht angemessen ist, hat er den Anleger vor einer Anlagevermittlung darauf hinzuweisen. Erlangt der Gewerbetreibende nicht die erforderlichen Informationen, hat er den Anleger vor einer Anlagevermittlung darüber zu informieren, dass eine Beurteilung der Angemessenheit im Sinne des Satzes 1 nicht möglich ist. Der Hinweis nach Satz 3 und die Informationen nach Satz 4 können in standardisierter Form erfolgen.
(3) Zu den einzuholenden Informationen nach Absatz 1 Satz 1 gehören, soweit erforderlich, hinsichtlich
- 1.
der finanziellen Verhältnisse des Anlegers Angaben über
- a)
Grundlage und Höhe regelmäßiger Einkommen und regelmäßiger finanzieller Verpflichtungen sowie
- b)
vorhandene Vermögenswerte, insbesondere Barvermögen, Kapitalanlagen und Immobilienvermögen, und
- 2.
der mit den Geschäften verfolgten Ziele Angaben über die Anlagedauer, die Risikobereitschaft des Anlegers und den Zweck der Anlage.
Zu den einzuholenden Informationen nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gehören, soweit erforderlich, hinsichtlich der Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers Angaben über
- 1.
die Arten von Finanzanlagen, mit denen der Anleger vertraut ist,
- 2.
Art, Umfang, Häufigkeit und Zeitraum zurückliegender Geschäfte des Anlegers mit Finanzanlagen,
- 3.
Ausbildung sowie gegenwärtige und relevante frühere berufliche Tätigkeiten des Anlegers.
(3a) Der Gewerbetreibende hat vor der Vermittlung des Vertragsschlusses über eine Vermögensanlage im Sinne des § 2a des Vermögensanlagengesetzes vom Anleger insoweit eine Selbstauskunft über dessen Vermögen oder dessen Einkommen einzuholen, wie dies erforderlich ist, um prüfen zu können, ob der Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die vom Anleger erworben werden, folgende Beträge nicht übersteigt:
- 1.
10 000 Euro, sofern der jeweilige Anleger nach seiner Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens 100 000 Euro verfügt, oder
- 2.
den zweifachen Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des jeweiligen Anlegers, höchstens jedoch 10 000 Euro.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die vom Anleger erworben werden, der keine Kapitalgesellschaft ist, 1 000 Euro nicht überschreitet. Der Gewerbetreibende darf den Vertragsschluss über eine Vermögensanlage im Sinne des § 2a des Vermögensanlagengesetzes nur vermitteln, wenn er geprüft hat, dass der Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die vom Anleger erworben werden, der keine Kapitalgesellschaft ist, 1 000 Euro oder die in Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Beträge nicht übersteigt.
(3b) Der Gewerbetreibende hat den nach § 80 Absatz 9 des Wertpapierhandelsgesetzes bestimmten Zielmarkt zu berücksichtigen und mit dem jeweiligen Anleger abzugleichen. Dazu hat er alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um sich die erforderlichen Informationen einschließlich der Bestimmung des Zielmarktes von dem die Finanzanlage konzipierenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder dem Emittenten zu beschaffen und die Merkmale sowie den Zielmarkt der Finanzanlage zu verstehen. Er hat die Vereinbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers unter Berücksichtigung des Zielmarktes zu beurteilen und sicherzustellen, dass er Finanzanlagen nur empfiehlt, wenn dies im Interesse des Anlegers ist.
(4) Soweit die in den Absätzen 1 bis 3a genannten Informationen auf Angaben des Anlegers beruhen, hat der Gewerbetreibende die Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben nicht zu vertreten, es sei denn, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Anlegers ist ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Gewerbetreibende dürfen Anleger nicht dazu verleiten, Angaben nach den Absätzen 1 bis 3a zurückzuhalten.
(5) Die Pflichten nach Absatz 2 gelten nicht, soweit der Gewerbetreibende
- 1.
auf Veranlassung des Kunden Anlagevermittlung in Bezug auf Anteile oder Aktien an Investmentvermögen erbringt, die den Anforderungen der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32, L 269 vom 13.10.2010, S. 27), die zuletzt durch die Richtlinie 2010/78/EU (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 120) geändert worden ist, entsprechen und
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den Kunden darüber informiert, dass keine Angemessenheitsprüfung im Sinne des Absatzes 2 vorgenommen wird. Die Information kann in standardisierter Form erfolgen.