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Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Verordnung über maritime medizinische Anforderungen auf Kauffahrteischiffen* (Maritime-Medizin-Verordnung - MariMedV)
Anlage 2 (zu § 4 Absatz 1)
Durchführung der Seediensttauglichkeitsuntersuchungen

(Fundstelle: BGBl. I 2014, 1417 - 1420)

1.
Befragung nach dem Gesundheitszustand

Vor der Durchführung der Seediensttauglichkeitsuntersuchung füllt die zu untersuchende Person einen Fragebogen über ihren Gesundheitszustand und über frühere Krankheiten aus und unterschreibt ihn (§ 4 Absatz 1 Satz 2). Der zugelassene Arzt oder der Arzt des seeärztlichen Dienstes berücksichtigt die bei dieser Befragung gewonnen Erkenntnisse bei der Beurteilung der Seediensttauglichkeit.

Bei einer zu untersuchenden Person, die ihr 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Jugendlicher), muss der Fragebogen
1.
vom Personensorgeberechtigten1 ausgefüllt werden,
2.
vom Personensorgeberechtigten und vom Jugendlichen unterschrieben werden und
3.
der zugelassenen Ärztin/dem zugelassenen Arzt vor der Durchführung der Seediensttauglichkeitsuntersuchung vorgelegt werden.
2.
Umfang der Untersuchung

Der Umfang der Seediensttauglichkeitsuntersuchung ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle.

Bei bekannter Schwangerschaft hat der untersuchende Arzt die Schwangere auf das für sie und das Kind bestehende besondere Risiko einer Tätigkeit an Bord eines Seeschiffes hinzuweisen.

I.Alle Dienstzweige
 Ärztliche LeistungInhaltGOÄ-ZifferSteigerungsfaktor
 AnamneseerhebungAusführliche Anamneseerhebung einschließlich Fragebogen13,5
 GanzkörperuntersuchungKörperliche Untersuchung einschließlich RR-, Herzfrequenz-, Körpergröße- und Körpergewichtsmessung, Bestimmung des Body-Mass-Index82,3
 SehtestÜberprüfung der Sehschärfe durch Bestimmung des Visus nach Snellen oder einem äquivalenten Verfahren; Überprüfung des Nahsehens durch Tafeln nach Nieden12002,3
 UrinuntersuchungUntersuchung des Urins auf Glukose, Eiweiß und Blut35111,15
 ErgebnismitteilungBelehrung der untersuchten Person über den Inhalt des Zeugnisses und sein Recht auf eine Überprüfung nach Abschnitt A-1/9 Absatz 6 des STCW-CodesIn Nummer 1
enthalten
entfällt
 ZeugnisausstellungErfassung der Untersuchungsergebnisse im Seediensttauglichkeitsverzeichnis, Erteilung des Seediensttauglichkeitszeugnisses752,3
II.Zusätzliche Untersuchungen
 a)Decksdienst, Elektrotechnischer Dienst
  FarbsinnprüfungÜberprüfung des Farbsehvermögens durch Farbtafeln zweier anerkannter SystemeIn Nummer 8
enthalten
entfällt
 b)Küche und Bedienung
  StuhluntersuchungUntersuchung des Stuhls auf Salmonellen sowie Shigellen4530
4538
1,15
1,15
 c)Röntgenuntersuchung auf Anordnung des seeärztlichen Dienstes
  RöntgenthoraxRöntgenaufnahme des Thorax in einer Ebene p.a.51351,8
 d)Laboruntersuchungen auf Anordnung des seeärztlichen Dienstes
  LaboruntersuchungenBlutlaboruntersuchungenGemäß GOÄ-Ziffern Abschnitt Laboratoriumsuntersuchungen1,15
3.
Untersuchung des Sehvermögens
3.1
Sehtest-Verfahren

Die Prüfung des Sehvermögens der zu untersuchenden Person durch den zugelassenen Arzt oder den Arzt des seeärztlichen Dienstes erfolgt
1.
nach dem Snellen-Verfahren oder einem äquivalenten Verfahren (Sehen in der Ferne) und
2.
durch ein Lesetest-Verfahren (Sehen im Nahbereich).
3.2
Prüfung des Farbsehvermögens

Das Farbsehvermögen wird mittels Farbtafeln zweier anerkannter Systeme geprüft (z. B. Ishihara-Farbtafeln, Stilling/Velhagen, Boström oder gleichwertige Tafeln). In Zweifelsfällen muss eine augenärztliche Untersuchung mit dem Anomaloskop und einem weiteren Farbtestverfahren eine normale Trichromasie ergeben. Die Nutzung von korrigierenden Farblinsen führt zu ungültigen Testergebnissen und ist nicht zulässig.
3.3
Prüfung des Gesichtsfeldes

Das Gesichtsfeld wird zunächst durch einen Konfrontationstest (Donders, etc.) beurteilt. Ergeben sich Hinweise auf eine Einschränkung des Gesichtsfeldes oder eine Erkrankung, die zu einer Einschränkung des Gesichtsfeldes führen kann, erfolgt eine weitergehende Untersuchung.
3.4
Prüfung des Sehvermögens in der Dämmerung und bei Dunkelheit

Einschränkungen des Sehvermögens in der Dämmerung und bei Dunkelheit können bei bestimmten Augenerkrankungen auftreten oder als Folge ophthalmologischer Eingriffe. Solche Einschränkungen können nachgewiesen werden bei der Testung des Sehvermögens bei geringen Kontrasten/des Dämmerungssehens oder auch bei anderen Tests/Prüfverfahren auffallen. Wenn ein vermindertes Dämmerungssehvermögen vermutet wird, soll eine Beurteilung durch einen Spezialisten erfolgen.
4.
Untersuchung des Hörvermögens

4.1
Test durch Flüstersprache

Der zugelassene Arzt oder der Arzt des seeärztlichen Dienstes prüft das Hörvermögen, in dem sie/er in Richtung der zu untersuchenden Person, die in einer bestimmten Entfernung steht, mehrere Sätze in Flüstersprache spricht und überprüft, ob die zu untersuchende Person den Inhalt dieser Sätze verstanden hat. Je nach Dienstzweig hat die zu untersuchende Person die Sätze mit dem der Ärztin/dem Arzt zugewendeten Ohr oder mit beiden Ohren zugleich zu verstehen. Die Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage 1 der Verordnung.
4.2
Audiometrie bei Nachuntersuchungen

Stellt sich bei einer Nachuntersuchung eine Verschlechterung des Hörvermögens eines Besatzungsmitgliedes der Dienstzweige „Technischer Dienst“ oder „Elektrotechnischer Dienst“ heraus, ist eine ohrenfachärztliche Untersuchung mit Audiometrie durchzuführen.
5.
Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeit

5.1
Verfahren zur Beurteilung der körperlichen Fähigkeiten

Stellt der zugelassene Arzt oder der Arzt des seeärztlichen Dienstes bei der zu untersuchenden Person Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit fest, sind weitergehende Tests durchzuführen.
5.2
Bewertung der Ergebnisse

Der zugelassene Arzt oder der Arzt des seeärztlichen Dienstes sollte die Ergebnisse der körperlichen Leistungsfähigkeit der zu untersuchenden Person anhand folgender Kriterien bewerten:
1.
Ist das Besatzungsmitglied in der Lage seine Routine- und Notfallaufgaben effizient wahrzunehmen?
2.
Bestehen Einschränkungen seiner Kraft, Beweglichkeit, seines Durchhaltevermögens oder seiner Koordination?
3.
Beurteilung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit.
5.3
Entscheidungsfindung
1.
Gibt es Anzeichen für eine eingeschränkte körperliche oder psychische Eignung?
a)
Nein – keine weiteren Untersuchungen erforderlich.
Ergebnis:
Seediensttauglich: Kann alle Aufgaben innerhalb des bezeichneten Dienstzweiges ausführen.
b)
Ja – Durchführung weiterer Untersuchungen, Einholen ärztlicher Befunde zur Prüfung der Fähigkeit des Besatzungsmitgliedes seine Routine- und Notfallaufgaben durchführen zu können.
Weisen die Untersuchungsergebnisse auf eine Einschränkung der Fähigkeiten hin?
i)
Nein.
Ergebnis:
Seediensttauglich: Kann alle Aufgaben innerhalb des bezeichneten Dienstzweiges ausführen.
ii)
Ja – das Besatzungsmitglied muss wegen seines Gesundheitszustandes häufiger als alle zwei Jahre untersucht werden.
Ergebnis:
Zeitlich eingeschränkt seediensttauglich (L – „Limited“): Gültigkeitsdauer des Seediensttauglichkeitszeugnisses wird begrenzt. Kann innerhalb dieses Zeitraumes alle Aufgaben innerhalb des bezeichneten Dienstzweiges ausführen.
iii)
Ja – wegen des Gesundheitszustandes des Besatzungsmitgliedes ergeben sich folgende Einschränkungen:
1.
Tätigkeit: Kann einige, aber nicht alle Routine- und Notfallaufgaben an Bord ausführen, ohne dass dies zu zusätzlichen Aufgaben oder einer vermehrten Verantwortung Dritter führt,
oder
2.
Fahrtgebiet: Das Besatzungsmitglied ist durch die Arbeit unter bestimmten klimatischen Bedingungen oder in großer Entfernung zu der medizinischen Versorgung an Land einem erhöhten Risiko ausgesetzt, ernsthafte Schädigungen zu erleiden.
Ergebnis:
Eingeschränkt seediensttauglich (R – „Restricted“): Im Seediensttauglichkeitszeugnis sind Einschränkungen der Tätigkeit und des Fahrtgebietes einzutragen.
iv)
Ja – aber die Ursache für die Einschränkungen kann behoben werden.
Ergebnis:
Seedienstuntauglich (T – „Temporary“): Voraussichtlich vorübergehend, das heißt weniger als zwei Jahre.
v)
Ja – aber die Ursache für die Einschränkungen kann nicht behoben werden.
Ergebnis:
Seedienstuntauglich (P – „Permanent“): Voraussichtlich dauernd, das heißt mehr als zwei Jahre.
1
Personensorgeberechtigte sind nach § 1626 BGB unter anderem die Eltern eines Jugendlichen.

Fußnote

Anlage 2 Nr. 2 Tabelle Ziff. I Zeile 2 Spalte 1 und Spalte 2 Kursivdruck: Aufgrund offensichtlicher Unrichtigkeit wurde das Wort "Anameseerhebung" durch "Anamneseerhebung" ersetzt
Anlage 2 Nr. 3.2 Satz 2 Kursivdruck: Aufgrund offensichtlicher Unrichtigkeit wurde das Wort "Trichomasie" durch "Trichromasie" ersetzt