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Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Gesetz zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Medizinprodukte (Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz - MPDG)
§ 88 Verordnungsermächtigungen

(1) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit Fragen des Schutzes vor ionisierender oder nichtionisierender Strahlung betroffen sind oder wenn die Regelungen Medizinprodukte betreffen, bei deren Herstellung radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlen verwendet werden, mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, soweit Fragen des Arbeitsschutzes betroffen sind, und mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, soweit Fragen des Datenschutzes oder der Informationssicherheit betroffen sind, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
1.
zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit von Produkten vorzuschreiben, dass und in welcher Form Gesundheitseinrichtungen und Angehörige der Gesundheitsberufe die einheitliche Produktidentifikation (UDI) von Produkten, die sie bezogen haben, zu speichern haben;
2.
die Verschreibungspflicht für Produkte vorzuschreiben, die
a)
die Gesundheit des Menschen auch bei bestimmungsgemäßer Anwendung unmittelbar oder mittelbar gefährden können, wenn sie ohne ärztliche oder zahnärztliche Überwachung angewendet werden, oder
b)
häufig in erheblichem Umfang nicht bestimmungsgemäß angewendet werden, wenn dadurch die Gesundheit von Menschen unmittelbar oder mittelbar gefährdet wird;
3.
Abgabebeschränkungen vorzuschreiben für
a)
verschreibungspflichtige Produkte und
b)
nicht verschreibungspflichtige Produkte;
4.
Vertriebswege für Produkte vorzuschreiben, soweit dies geboten ist, die erforderliche Qualität der Produkte zu erhalten oder die bei der Abgabe oder Anwendung von Produkten notwendigen Erfordernisse für die Sicherheit des Patienten, Anwenders oder Dritten zu erfüllen;
5.
für Betriebe oder Einrichtungen, die Produkte in Deutschland in den Verkehr bringen, auf dem Markt bereitstellen oder lagern, sowie für Personen, die diese Tätigkeiten berufsmäßig ausüben, Regelungen zu erlassen, soweit diese Regelungen geboten sind, um einen ordnungsgemäßen Betrieb und die erforderliche Qualität, Sicherheit und Leistung der Produkte sicherzustellen sowie die Sicherheit und Gesundheit der Patienten, der Anwender und Dritter nicht zu gefährden, insbesondere Regelungen für die Lagerung, den Erwerb, den Vertrieb, die Information und die Beratung sowie für die Einweisung in den Betrieb einschließlich Funktionsprüfung nach Installation und für die Anwendung der Produkte;
6.
Anforderungen
a)
an das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Produkten und von sonstigen Produkten im Sinne des § 2 Absatz 2 festzulegen, Regelungen zu treffen über die Einweisung der Betreiber und Anwender, die sicherheitstechnischen Kontrollen, Funktionsprüfungen, Meldepflichten und Einzelheiten der Meldepflichten von Vorkommnissen und Risiken, das Bestandsverzeichnis und das Medizinproduktebuch sowie weitere Anforderungen festzulegen, soweit dies für das sichere Betreiben und die sichere Anwendung oder die ordnungsgemäße Instandhaltung notwendig ist,
b)
an die ordnungsgemäße Installation, das Betreiben und das Anwenden von Software sowie weitere Anforderungen festzulegen, soweit dies für das sichere Betreiben und die sichere Anwendung notwendig ist,
c)
an die sichere Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten festzulegen und Regelungen zu treffen
aa)
zu zusätzlichen Anforderungen an Aufbereiter, die Medizinprodukte mit besonders hohen Anforderungen an die Aufbereitung aufbereiten,
bb)
für die Zertifizierung von Aufbereitern nach Doppelbuchstabe aa,
cc)
zu den Anforderungen an die von der zuständigen Behörde anerkannten Konformitätsbewertungsstellen, die Zertifizierungen nach Doppelbuchstabe bb vornehmen; dies beinhaltet auch Regelungen zur Befristung der Anerkennung sowie Befugnisse der für die anerkannten Stellen zuständigen Behörde,
dd)
für die Gestattung der Aufbereitung nach Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/745 und dabei auch Verpflichtungen der Hersteller nach der Verordnung (EU) 2017/745 festzulegen, die nicht gelten sollen für Einmalprodukte im Sinne des Artikels 2 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2017/745, die
aaa)
innerhalb einer Gesundheitseinrichtung aufbereitet und weiterverwendet werden oder
bbb)
die im Auftrag einer Gesundheitseinrichtung von einem externen Aufbereiter aufbereitet werden, sofern das aufbereitete Produkt in seiner Gesamtheit an die betreffende Gesundheitseinrichtung zurückgegeben wird,
d)
an das Qualitätssicherungssystem beim Betreiben und Anwenden von In-vitro-Diagnostika festzulegen,
e)
festzulegen, über
aa)
die Feststellung und die Anwendung von Normen zur Qualitätssicherung, die Verfahren zur Erstellung von Richtlinien und Empfehlungen, die Anwendungsbereiche, Inhalte und Zuständigkeiten, die Beteiligung der betroffenen Kreise und
bb)
Umfang, Häufigkeit und Verfahren der Kontrolle sowie die Anforderungen an die für die Kontrolle zuständigen Stellen und das Verfahren ihrer Bestellung,
f)
festzulegen, dass die Normen, Richtlinien und Empfehlungen oder deren Fundstellen vom Bundesministerium für Gesundheit im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden,
g)
zur Gewährleistung der Messsicherheit von Medizinprodukten mit Messfunktion festzulegen und diejenigen Medizinprodukte mit Messfunktion zu bestimmen, die messtechnischen Kontrollen unterliegen, und zu bestimmen, dass der Betreiber, eine geeignete Stelle oder die zuständige Behörde messtechnische Kontrollen durchzuführen hat sowie Vorschriften zu erlassen über den Umfang, die Häufigkeit und das Verfahren von messtechnischen Kontrollen, die Voraussetzungen, den Umfang und das Verfahren der Anerkennung und Überwachung mit der Durchführung messtechnischer Kontrollen betrauter Stellen sowie die Mitwirkungspflichten des Betreibers eines Medizinproduktes mit Messfunktion bei messtechnischen Kontrollen und
h)
festzulegen, über
aa)
die besonderen Anforderungen an Personen, Betriebe oder Einrichtungen, die Tätigkeiten beim Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten und Produkten im Sinne des § 2 Absatz 2 durchführen,
bb)
die Zertifizierung von Personen, Betrieben oder Einrichtungen nach Doppelbuchstabe aa,
cc)
die Anforderungen an die von der zuständigen Behörde anerkannten Konformitätsbewertungsstellen, die Zertifizierungen nach Doppelbuchstabe bb vornehmen; dies beinhaltet auch Regelungen zur Befristung der Anerkennung sowie Befugnisse der für die anerkannten Stellen zuständigen Behörde;
7.
Regelungen zu treffen über
a)
das Verfahren für Meldungen von mutmaßlichen schwerwiegenden Vorkommnissen der Angehörigen der Gesundheitsberufe, der Anwender, Betreiber und Patienten, einschließlich der Meldewege und Meldefristen, der Melde-, Berichts-, Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Mitwirkungspflichten,
b)
die Unterrichtungs- und Informationspflichten, den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder im Zusammenhang mit Meldungen über schwerwiegende Vorkommnisse, mutmaßlich schwerwiegende Vorkommnisse, Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld und von sonstigen Erkenntnissen über Sicherheitsmängel von Produkten, einschließlich der Informationsmittel und -wege sowie Informationen zur Erreichbarkeit der zuständigen Behörden im Vigilanzbereich und
c)
die Verarbeitung und den Zugang zu personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen schwerwiegenden Vorkommnis, einem schwerwiegenden Vorkommnis oder einem unerwünschten Ereignis soweit dies für die Risikobewertung und Gefahrenabwehr durch die zuständigen Behörden erforderlich ist;
8.
zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Verarbeitung von Daten nach § 86 Absatz 1 und 2 durch Rechtsverordnung nähere Regelungen zu treffen über
a)
den Aufbau, die Struktur, den Betrieb und die Aufgaben des Deutschen Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystems, auch im Zusammenwirken mit der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte,
b)
die Art, den Umfang und die Anforderungen an die nach § 86 Absatz 2 im Deutschen Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem zu meldenden und verarbeitenden Daten,
c)
die Dauer der Aufbewahrung verarbeiteter Daten,
d)
die Bereitstellung von Daten für nichtöffentliche Stellen unter Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, einschließlich der von diesen zu entrichtenden Entgelte,
e)
die Bereitstellung von Daten für die Öffentlichkeit unter Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen,
f)
die Bereitstellung von Daten für den Gemeinsamen Bundesausschuss und
g)
die Bereitstellung von Daten für Angehörige der Gesundheitsberufe unter Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen;
9.
festzulegen, dass Händler, die Produkte auf dem deutschen Markt bereitstellen, dies vor Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der zuständigen Behörde anzuzeigen haben, sowie Inhalt und Form der Anzeige zu regeln;
10.
vorzuschreiben, dass die in Artikel 5 Absatz 5 Buchstabe g der Verordnung (EU) 2017/746 festgelegten Dokumentationspflichten für Gesundheitseinrichtungen, die In-vitro-Diagnostika zur Eigenverwendung herstellen, auch bei der Herstellung von In-vitro-Diagnostika, die nach Anhang VIII zu der Verordnung (EU) 2017/746 in die Klasse A, B oder C eingestuft sind, anzuwenden sind.
Die Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 können ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden, wenn unvorhergesehene gesundheitliche Gefährdungen dies erfordern.
(2) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit Fragen des Schutzes vor ionisierender oder nichtionisierender Strahlung betroffen sind, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit von Patientinnen und Patienten, Anwendern oder anderen Personen oder im Interesse der öffentlichen Gesundheit das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme oder die Bereitstellung von einem potentiell risikobehafteten Produkt oder einer speziellen Kategorie oder Gruppe von potentiell risikobehafteten Produkten zu verbieten, zu beschränken oder besonderen Bedingungen zu unterwerfen.
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit Fragen des Schutzes vor ionisierender oder nichtionisierender Strahlung betroffen sind, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen zu treffen zur Erfüllung von Verpflichtungen aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder zur Durchführung von Rechtsakten des Europäischen Parlaments und des Rates oder der Europäischen Kommission, die Sachbereiche dieses Gesetzes betreffen, insbesondere zu den sicherheitstechnischen und medizinischen Anforderungen, zur Herstellung und zu den sonstigen Voraussetzungen des Inverkehrbringens, der Inbetriebnahme, der Bereitstellung auf dem Markt, des Ausstellens, des Betreibens und des Anwendens, insbesondere zu Prüfungen, zur Produktionsüberwachung, zu Bescheinigungen, zur Kennzeichnung, zu Aufbewahrungs- und Mitteilungspflichten, zu behördlichen Maßnahmen sowie zu den Anforderungen an die Benennung und Überwachung von Benannten Stellen.
(4) Die Rechtsverordnungen nach den Absätzen 2 und 3 bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates bei Gefahr im Verzug oder wenn ihr unverzügliches Inkrafttreten zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist. Die Rechtsverordnung nach Absatz 3 bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie Gebühren und Auslagen von Bundesbehörden betrifft. Die Rechtsverordnungen nach den Absätzen 2 und 3 treten spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Ihre Geltungsdauer kann nur mit Zustimmung des Bundesrates verlängert werden.

Fußnote

(+++ § 88: Zur Anwendung d. Kap. 7 vgl. § 99 Abs. 1 Eingangssatz iVm Abs. 1 Nr. 6 +++)