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Gesetz zur Errichtung eines Stabilitätsrates und zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen (Stabilitätsratsgesetz - StabiRatG)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

StabiRatG

Ausfertigungsdatum: 10.08.2009

Vollzitat:

"Stabilitätsratsgesetz vom 10. August 2009 (BGBl. I S. 2702), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 20. Oktober 2025 (BGBl. 2025 I Nr. 247) geändert worden ist"

Stand:Zuletzt geändert durch Art. 3 G v. 20.10.2025 I Nr. 247

Näheres zur Standangabe finden Sie im Menü unter Hinweise

Fußnote

(+++ Textnachweis ab: 1.1.2010 +++)
(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte G v. 20.10.2025 I Nr. 247 +++)

Das G wurde als Art. 1 des G v. 10.8.2009 I 2702 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen. Es tritt gem. Art. 13 Abs. 2 dieses G mWv 1.1.2010 in Kraft.
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

§ 1 Stabilitätsrat

(1) Bund und Länder bilden einen Stabilitätsrat mit dem Ziel der Vermeidung von Haushaltsnotlagen. Dem Stabilitätsrat gehören an:
1.
die Bundesministerin oder der Bundesminister der Finanzen,
2.
die für die Finanzen zuständigen Ministerinnen oder Minister der Länder,
3.
die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.
Der Stabilitätsrat wird bei der Bundesregierung eingerichtet.
(2) Den Vorsitz im Stabilitätsrat führen gemeinsam die Bundesministerin oder der Bundesminister der Finanzen und die oder der Vorsitzende der Finanzministerkonferenz der Länder.
(3) Der Stabilitätsrat tritt nach Bedarf zusammen, jedoch mindestens zweimal jährlich. Die Sitzungen sind vertraulich und nicht öffentlich.
(4) Die Beschlüsse des Stabilitätsrates werden mit der Stimme des Bundes und der Mehrheit von zwei Dritteln der Länder gefasst. Die Stimme des Bundes wird durch die Bundesministerin oder den Bundesminister der Finanzen abgegeben. Bei Entscheidungen, die einzelne Länder betreffen, ist das betroffene Land nicht stimmberechtigt. Entscheidungen, die den Bund betreffen, werden abweichend von Satz 1 mit der Mehrheit von zwei Dritteln aller stimmberechtigten Mitglieder gefasst.
(5) Der Stabilitätsrat gibt sich eine Geschäftsordnung. Diese regelt auch die Vertretung im Verhinderungsfall.
(6) Zur Unterstützung der Aufgaben des Stabilitätsrates wird ein Sekretariat eingerichtet, das gemeinsam von einer Vertreterin oder einem Vertreter aus dem Bundesministerium der Finanzen sowie von einer oder einem von der Finanzministerkonferenz der Länder benannten Vertreterin oder Vertreter geleitet wird.
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§ 2 Aufgaben des Stabilitätsrates

(1) Aufgaben des Stabilitätsrates sind
1.
die fortlaufende Überwachung der Haushalte des Bundes und der Länder sowie die Durchführung von Sanierungsverfahren,
2.
die Überwachung der Einhaltung der Verschuldungsregel des Artikels 109 Absatz 3 des Grundgesetzes durch den Bund und alle einzelnen Länder und
3.
die Stellungnahme zu dem gesamtstaatlichen Nettoausgabenpfad, der gemäß Verordnung (EU) 2024/1263 in dem von der Bundesregierung einzureichenden mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan festzulegen ist, und
4.
die Überwachung der Einhaltung des vom Rat der Europäischen Union gebilligten gesamtstaatlichen Nettoausgabenpfades sowie die Beobachtung der Entwicklung der gesamtstaatlichen Schuldenquote und des gesamtstaatlichen Defizits.
Dem Stabilitätsrat können durch Gesetz weitere Aufgaben übertragen werden.
(2) Der Stabilitätsrat fasst zu den Ergebnissen der Überwachung und zur Stellungnahme jeweils einen Beschluss.

Fußnote

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte G v. 20.10.2025 I Nr. 247 +++)
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§ 3 Fortlaufende Haushaltsüberwachung

(1) Der Stabilitätsrat überwacht die aktuelle Lage und die Entwicklung der Haushalte von Bund und Ländern. Dafür legt er für Vergleichszwecke geeignete Kennziffern, die auf Daten zur aktuellen Haushaltslage und zur Finanzplanung basieren, sowie eine Projektion der mittelfristigen Haushaltsentwicklung auf Basis einheitlicher Annahmen fest. Die Kennziffern und die Projektion bilden zusammen das Analysesystem der fortlaufenden Haushaltsüberwachung.
(2) Der Stabilitätsrat berät jährlich über die Haushaltslage des Bundes und jedes einzelnen Landes auf Grundlage eines Berichts der jeweiligen Gebietskörperschaft, der Angaben zu dem Analysesystem nach Absatz 1 und die Ergebnisse zur Einhaltung der bundes- und jeweiligen landesrechtlichen Verschuldungsregel enthalten soll.
(3) (weggefallen)
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§ 4 Prüfung einer drohenden Haushaltsnotlage

(1) Der Stabilitätsrat beschließt für die einzelnen Kennziffern nach § 3 Absatz 1 Schwellenwerte, deren Nichteinhaltung auf eine drohende Haushaltsnotlage hinweisen kann. Für den Bund sind gegenüber den Ländern abweichende Schwellenwerte festzulegen.
(2) Der Stabilitätsrat leitet eine Prüfung ein, ob beim Bund oder in einem bestimmten Land eine Haushaltsnotlage droht, wenn
1.
der Bund oder ein Land im Rahmen der allgemeinen Haushaltsüberwachung darauf hinweist, dass für den von ihm zu verantwortenden Haushalt eine Notlage droht, oder
2.
der Bund oder ein Land bei der Mehrzahl der Kennziffern nach § 3 Absatz 1 die Schwellenwerte nach Absatz 1 nicht einhält oder
3.
für den Bund oder ein Land die Projektion nach § 3 Absatz 1 eine entsprechende Entwicklung ergibt. In diesem Fall kann von einer Prüfung abgesehen werden, wenn die Ergebnisse der Projektion bereits Gegenstand einer Prüfung waren und sich danach nicht wesentlich geändert haben.
(3) In die Prüfung werden alle relevanten Bereiche des betroffenen Haushalts umfassend einbezogen. Der Bund oder das Land ist verpflichtet, die für diese Prüfung erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
(4) Der Stabilitätsrat beschließt auf der Grundlage der Ergebnisse der Prüfung nach Absatz 3, ob im Bund oder in dem betreffenden Land eine Haushaltsnotlage droht.
(5) (weggefallen)
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§ 5 Sanierungsverfahren

(1) Hat der Stabilitätsrat eine drohende Haushaltsnotlage nach § 4 Absatz 4 für den Bund oder ein Land festgestellt, vereinbart er mit der betroffenen Gebietskörperschaft ein Sanierungsprogramm. Der Bund oder das Land unterbreitet hierfür Vorschläge.
(2) Das Sanierungsprogramm und seine Umsetzung zielen darauf ab, die Haushaltslage der betroffenen Gebietskörperschaft zu verbessern, sodass das Ergebnis der fortlaufenden Haushaltsüberwachung nach § 3 für das betroffene Land oder den Bund in absehbarer Zeit nicht mehr auf eine drohende Haushaltsnotlage hinweist.
(3) Um das übergeordnete Sanierungsziel nach Absatz 2 zu erreichen, legt das Sanierungsprogramm auf das jeweilige Land oder den Bund zugeschnittene jährliche und auf einzelne oder mehrere Kennziffern oder die Projektion der mittelfristigen Haushaltsentwicklung nach § 3 Absatz 1 bezogene Zielwerte sowie darauf zugeschnittene Sanierungsmaßnahmen fest.
(4) Die jeweilige Laufzeit des Sanierungsprogramms für den Bund oder das Land beträgt mindestens zwei Jahre. Wenn die fortlaufende Haushaltsüberwachung keine Anzeichen für eine drohende Haushaltsnotlage mehr ergibt, kann das Sanierungsverfahren vorzeitig beendet werden. Falls sich bereits vor Ablauf des vereinbarten Sanierungsprogramms aus der Haushaltsüberwachung Anzeichen dafür ergeben, dass eine drohende Haushaltsnotlage fortbestehen wird, kann das Sanierungsprogramm durch Vereinbarung zwischen dem Stabilitätsrat und dem Bund oder dem Land verlängert werden.
(5) Der Bund oder das Land setzt das vereinbarte Sanierungsprogramm in eigener Verantwortung um und berichtet dem Stabilitätsrat darüber mindestens jährlich. Werden Vorgaben des Sanierungsprogramms verfehlt, prüft der Stabilitätsrat im Einvernehmen mit dem Bund oder dem Land, ob weitere Maßnahmen zur Erreichung der Zielwerte erforderlich sind.
(6) Setzt der Bund oder das Land das Sanierungsprogramm nur unzureichend um, beschließt der Stabilitätsrat eine Aufforderung zur verstärkten Haushaltssanierung. Höchstens ein Jahr nach dieser Aufforderung prüft der Stabilitätsrat, ob der Bund oder das Land die notwendigen Maßnahmen zur Haushaltssanierung ergriffen hat. Wurden die notwendigen Maßnahmen nicht ergriffen, fordert der Stabilitätsrat den Bund oder das Land erneut auf, die Bemühungen um eine Haushaltssanierung zu verstärken.
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§ 6 Überwachung der Einhaltung der grundgesetzlichen Verschuldungsregel

(1) Der Stabilitätsrat überwacht die Einhaltung der Verschuldungsregel des Artikels 109 Absatz 3 des Grundgesetzes durch den Bund und jedes einzelne Land für das jeweils abgelaufene, das aktuelle und das darauffolgende Jahr.
(2) Der Stabilitätsrat überprüft jährlich die von jeder Gebietskörperschaft ermittelten Ergebnisse eines zwischen Bund und Ländern abgestimmten Analysesystems, das sich an den Vorgaben und Verfahren aus Rechtsakten aufgrund des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin orientiert. Grundlage ist ein einheitliches Konjunkturbereinigungsverfahren.
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§ 7 Stellungnahme zur Festlegung des Nettoausgabenpfades und Überwachung der Einhaltung des im mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan festgelegten Nettoausgabenpfades

(1) Der Stabilitätsrat gibt vor Einreichung des mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plans durch die Bundesregierung eine Stellungnahme zu dem im mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan festzulegenden Nettoausgabenpfad ab.
(2) Der Stabilitätsrat überprüft zweimal jährlich die Einhaltung des im mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan festgelegten Nettoausgabenpfades. Dies erfolgt auf Grundlage einer Projektion des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos, des gesamtstaatlichen Schuldenstandes sowie der Entwicklung der gesamtstaatlichen Nettoausgaben. Die zugrunde liegende Projektion umfasst einmal das laufende Jahr und einmal das laufende Jahr sowie, bei Vorliegen einer entsprechenden Finanzplanung des Bundes, die verbleibenden Jahre der Planungsperiode des mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plans, mindestens aber die drei folgenden Jahre. Zu berücksichtigen sind dabei zulässige Abweichungen gemäß der Artikel 25 und 26 der Verordnung (EU) 2024/1263 sowie gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97.
(3) Ergibt die Überprüfung, dass der im mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan festgelegte Nettoausgabenpfad überschritten wird und keine zulässige Abweichung gemäß der Artikel 25 und 26 der Verordnung (EU) 2024/1263 sowie gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 vorliegt, empfiehlt der Stabilitätsrat Maßnahmen, die geeignet sind, die Überschreitung des festgelegten Nettoausgabenpfades zu beseitigen. Zu berücksichtigen sind dabei die Empfehlungen des Rates gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) 2024/1263. Die vom Stabilitätsrat beschlossenen Empfehlungen werden der Bundesregierung und den Landesregierungen zur Weiterleitung an die jeweiligen Parlamente zugeleitet.
(4) Falls kein Beschluss des Stabilitätsrates über eine Empfehlung nach Absatz 3 zustande kommt, leiten die Vorsitzenden des Stabilitätsrates der Bundesregierung und den Landesregierungen zur Weiterleitung an die jeweiligen Parlamente einen Bericht zu, in dem das Ergebnis der Überprüfung und die vom Stabilitätsrat erörterten Maßnahmen darzulegen sind.

Fußnote

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte G v. 20.10.2025 I Nr. 247 +++)
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§ 8 Unabhängiger Beirat des Stabilitätsrates

(1) Zur Unterstützung des Stabilitätsrates bei der Überwachung der Einhaltung des im mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan festgelegten Nettoausgabenpfades nach § 7 wird ein unabhängiger Beirat eingerichtet. Der Beirat gibt sich mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder eine Geschäftsordnung. Für den Beirat entstehende Kosten tragen Bund und Länder je zur Hälfte.
(2) Mitglieder des Beirats sind
1.
je eine Sachverständige oder ein Sachverständiger der Deutschen Bundesbank, des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der an der Gemeinschaftsdiagnose beteiligten Forschungsinstitute,
2.
je zwei Sachverständige, die für die Dauer von fünf Jahren von Bund und Ländern durch deren Vertreterin oder Vertreter im Stabilitätsrat benannt werden, und
3.
je eine Sachverständige oder ein Sachverständiger, die oder der für die Dauer von fünf Jahren von den kommunalen Spitzenverbänden und den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung benannt wird.
(3) Der Beirat gibt zweimal jährlich eine Stellungnahme zur Einhaltung des im mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan festgelegten Nettoausgabenpfades ab und bewertet in diesem Zusammenhang die Einheitlichkeit, Kohärenz und Wirksamkeit des nationalen Haushaltsrahmens. Hierfür stellt der Stabilitätsrat dem Beirat die Projektion gemäß § 7 Absatz 2 zur Verfügung. Die oder der Vorsitzende des Beirats nimmt zu diesem Tagesordnungspunkt an der Beratung des Stabilitätsrates teil. Kommt der Beirat zu der Auffassung, dass der im mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan festgelegte Nettoausgabenpfad überschritten wird und keine zulässige Abweichung gemäß der Artikel 25 und 26 der Verordnung (EU) 2024/1263 sowie gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 vorliegt, kann der Beirat Maßnahmen empfehlen, die geeignet sind, die Überschreitung des festgelegten Nettoausgabenpfades zu beseitigen. Die Stellungnahme und die Empfehlungen des Beirats sind den Empfehlungen nach § 7 Absatz 3 beziehungsweise dem Bericht nach § 7 Absatz 4 beizufügen.
(4) Der Stabilitätsrat veröffentlicht die vom Beirat vorgelegten Stellungnahmen und Empfehlungen.

Fußnote

(+++ EU-Vollzitate: vgl. Liste EU-Rechtsakte G v. 20.10.2025 I Nr. 247 +++)
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§ 9 Veröffentlichung der Beschlüsse und Unterrichtung der Parlamente

(1) Der Stabilitätsrat veröffentlicht seine Beschlüsse nach § 2 Absatz 2 und die ihnen zugrundeliegenden Beratungsunterlagen.
(2) Die Bundesregierung und die Landesregierungen leiten die Beschlüsse des Stabilitätsrates und die ihnen zugrundeliegenden Beratungsunterlagen sowie die Stellungnahmen des Beirats nach § 8 Absatz 3 Satz 1 den jeweiligen Parlamenten zu.