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Verordnung über Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle (Endlagersicherheitsanforderungsverordnung - EndlSiAnfV)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

EndlSiAnfV

Ausfertigungsdatum: 06.10.2020

Vollzitat:

"Endlagersicherheitsanforderungsverordnung vom 6. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2094)"

Fußnote

(+++ Textnachweis ab: 15.10.2020 +++)
(+++ Zur Anwendung der V außer §§ 13 und 14 vgl. § 21 Abs. 3 Satz 2 +++)
(+++ Zur Anwendung vgl. §§ 15 Abs. 3, 16 Abs. 4, 19 Abs. 3 u.
21 Abs. 3 Satz 2 +++)

Die V wurde als Artikel 1 der V v. 6.10.2020 I 2094 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit unter Wahrung der Rechte des Bundestages erlassen. Sie ist gem. Art. 3 dieser V am 15.10.2020 in Kraft getreten.
Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften
 
§  1Anwendungsbereich
§  2Begriffsbestimmungen
 
Abschnitt 2
Langzeitsicherheit
 
§  3Bewertungszeitraum; Entwicklungen des Endlagersystems
§  4Sicherer Einschluss der radioaktiven Abfälle
§  5Integrität und Robustheit des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs als wesentlicher Barriere
§  6Integrität und Robustheit der technischen und geotechnischen Barrieren als wesentliche Barrieren
§  7Dosiswerte im Bewertungszeitraum
§  8Ausschluss sich selbst tragender Kettenreaktionen
 
Abschnitt 3
Erkundung des
Endlagerstandortes und Planung des Endlagers
 
§  9Erkundung des Endlagerstandortes
§ 10Sicherheitskonzept
§ 11Auslegung des Endlagers
§ 12Optimierung des Endlagersystems
 
Abschnitt 4
Rückholbarkeit und Ermöglichung einer Bergung
 
§ 13Rückholbarkeit eingelagerter Endlagergebinde
§ 14Ermöglichung einer Bergung eingelagerter Endlagergebinde
 
Abschnitt 5
Errichtung, Betrieb und Stilllegung des Endlagers
 
§ 15Errichtung des Endlagers
§ 16Probebetrieb des Endlagers
§ 17Sicherheit während der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung des Endlagers; Anlagenzustände
§ 18Einlagerung von radioaktiven Abfällen
§ 19Stilllegung des Endlagers
 
Abschnitt 6
Weitere Vorschriften
 
§ 20Überwachung des Endlagers und seiner Umgebung
§ 21Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen am selben Standort
 
AnlageBerechnung des Neutronenmultiplikationsfaktors
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§ 1 Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für Anlagen des Bundes zur Endlagerung radioaktiver Abfälle nach § 9a Absatz 3 Satz 1 des Atomgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), das zuletzt durch Artikel 239 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, die zur Endlagerung hochradioaktiver Abfälle bestimmt sind. Sie ist im Genehmigungsverfahren nach § 9b Absatz 1a des Atomgesetzes in Verbindung mit der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 180), die zuletzt durch Artikel 14 der Verordnung vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2034) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung zu Grunde zu legen. Der Dritte nach § 9a Absatz 3 Satz 2 zweiter Halbsatz des Atomgesetzes hat die Einhaltung der Regelungen dieser Verordnung zu gewährleisten.
(2) Erfolgt am selben Standort eine zusätzliche Endlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle nach § 1 Absatz 6 des Standortauswahlgesetzes vom 5. Mai 2017 (BGBl. I S. 1074), das zuletzt durch Artikel 247 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, so sind für die Endlagerung dieser weiteren radioaktiven Abfälle die Bestimmungen des § 21 zu beachten.
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§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung ist oder sind:
1.
wesentliche Barrieren
die Barrieren, auf denen der sichere Einschluss der radioaktiven Abfälle beruht;
2.
weitere Barrieren
die Barrieren, die zusätzlich zu den wesentlichen Barrieren und im Zusammenwirken mit ihnen eine Ausbreitung von Radionukliden be- oder verhindern;
3.
Bewertungszeitraum
der Zeitraum, für den die Langzeitsicherheit des Endlagers zu prüfen und darzustellen ist;
4.
Endlagergebinde
die zur Endlagerung vorgesehenen Behälter mit radioaktiven Abfällen;
5.
Integrität
der Erhalt der für den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle relevanten Eigenschaften der Barrieren des Endlagersystems;
6.
Langzeitsicherheit
der dauerhafte Schutz des Menschen und, soweit es um den langfristigen Schutz der menschlichen Gesundheit geht, der Umwelt vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung radioaktiver Abfälle;
7.
Sicherheitsbericht
der Sicherheitsbericht nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung;
8.
Sicherheitsfunktion
eine Eigenschaft einer Komponente des Endlagersystems oder ein im Endlagersystem ablaufender Prozess, die oder der sicherheitsrelevante Anforderungen an ein sicherheitsbezogenes System oder Teilsystem oder an eine Einzelkomponente erfüllt;
9.
Robustheit
die Unempfindlichkeit der Sicherheitsfunktionen des Endlagersystems und seiner Barrieren gegenüber inneren und äußeren Einflüssen und Störungen.
Im Übrigen sind die Begriffsbestimmungen nach § 2 des Standortauswahlgesetzes anzuwenden.

Fußnote

(+++ § 2: Zur Anwendung vgl. § 2 EndlSiUntV +++)
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§ 3 Bewertungszeitraum; Entwicklungen des Endlagersystems

(1) Der Bewertungszeitraum beträgt eine Million Jahre ab dem vorgesehenen Verschluss des Endlagers.
(2) Die für die Auslegung des Endlagers und die Bewertung der Langzeitsicherheit relevanten Entwicklungen des Endlagersystems und der geologischen Situation am Endlagerstandort innerhalb des Bewertungszeitraumes sind systematisch zu ermitteln, zu beschreiben und einzuordnen als
1.
zu erwartende Entwicklungen oder
2.
abweichende Entwicklungen.
Die Einordnung ist zu begründen.
(3) Als zu erwartende Entwicklungen einzuordnen sind diejenigen Entwicklungen, die sicher oder in der Regel eintreten werden, insbesondere hinsichtlich der geologischen und klimatischen Situation, der geologischen, technischen und geotechnischen Barrieren sowie der einzulagernden Abfälle.
(4) Als abweichende Entwicklungen einzuordnen sind diejenigen Entwicklungen, die nicht zu erwarten sind, aber hinsichtlich der geologischen und klimatischen Situation, der technischen und geotechnischen Barrieren sowie der einzulagernden Abfälle eintreten können.
(5) Zusätzlich zu den zu erwartenden und den abweichenden Entwicklungen sind hypothetische Entwicklungen und Entwicklungen auf der Grundlage zukünftiger menschlicher Aktivitäten zu beschreiben, soweit deren Berücksichtigung der weiteren Optimierung des Endlagersystems oder der Überprüfung der Robustheit des Endlagersystems dienen kann.
(6) Hypothetische Entwicklungen sind Entwicklungen, die selbst unter ungünstigen Annahmen nach menschlichem Ermessen auszuschließen sind.
(7) Entwicklungen auf der Grundlage zukünftiger menschlicher Aktivitäten sind Entwicklungen, die durch zukünftige menschliche Aktivitäten, insbesondere durch unbeabsichtigtes menschliches Eindringen in das Endlager, ausgelöst werden können und die für die Sicherheit des Endlagersystems relevant werden können. Als Referenzentwicklungen hierfür dienen solche Entwicklungen, die durch derzeit übliche menschliche Aktivitäten ausgelöst werden können.
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§ 4 Sicherer Einschluss der radioaktiven Abfälle

(1) Die einzulagernden radioaktiven Abfälle sind im Endlagersystem mit dem Ziel zu konzentrieren und sicher einzuschließen, die darin enthaltenen Radionuklide mindestens im Bewertungszeitraum von der Biosphäre fernzuhalten.
(2) Das vorgesehene Endlagersystem hat den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle passiv und wartungsfrei durch ein robustes, gestaffeltes System verschiedener Barrieren mit unterschiedlichen Sicherheitsfunktionen zu gewährleisten.
(3) Die wesentlichen Barrieren zum Erreichen des sicheren Einschlusses der radioaktiven Abfälle sind
1.
ein oder mehrere einschlusswirksame Gebirgsbereiche oder
2.
im Fall des Wirtsgesteins Kristallingestein, sofern kein einschlusswirksamer Gebirgsbereich ausgewiesen werden kann, für die jeweilige geologische Umgebung geeignete technische und geotechnische Barrieren.
(4) Der sichere Einschluss muss innerhalb der wesentlichen Barrieren nach Absatz 3 so erfolgen, dass die Radionuklide aus den radioaktiven Abfällen weitestgehend am Ort ihrer ursprünglichen Einlagerung verbleiben.
(5) Für die zu erwartenden Entwicklungen ist zu prüfen und darzustellen, dass im Bewertungszeitraum
1.
insgesamt höchstens ein Anteil von 10–4 und
2.
jährlich höchstens ein Anteil von 10–9
sowohl der Masse als auch der Anzahl der Atome aller ursprünglich eingelagerten Radionuklide aus dem Bereich der wesentlichen Barrieren ausgetragen wird. In diesen Anteilen sind auch radioaktive Zerfallsprodukte der ursprünglich eingelagerten Radionuklide zu berücksichtigen.
(6) Für die abweichenden Entwicklungen ist zu prüfen und darzustellen, dass das Endlagersystem im Bewertungszeitraum seine Funktion nach den Absätzen 1 bis 4 beibehält.
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§ 5 Integrität und Robustheit des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs als wesentlicher Barriere

(1) Im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 1 ist für die zu erwartenden Entwicklungen im Bewertungszeitraum die Integrität des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs zu prüfen und darzustellen und seine Robustheit zu begründen. Der einschlusswirksame Gebirgsbereich ist unter Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklungen räumlich eindeutig zu definieren. Es ist zu prüfen und darzustellen, dass die für den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle relevanten Eigenschaften der technischen und geotechnischen Barrieren mindestens in dem Zeitraum erhalten bleiben, in dem diese Barrieren nach dem Sicherheitskonzept erforderlich sind.
(2) Hinsichtlich der Integrität des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs ist zu prüfen und darzustellen, dass
1.
die Ausbildung von Fluidwegsamkeiten, die zum Eindringen oder Austreten von erheblichen Mengen an Flüssigkeiten oder Gasen führen können, innerhalb des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs ausgeschlossen ist; dafür dürfen
a)
die Dilatanzfestigkeiten der Gesteinsformationen des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs außerhalb der auffahrungsbedingten Auflockerungszonen auf Grund von zu erwartenden Beanspruchungen nicht überschritten werden und
b)
die zu erwartenden Fluiddrücke die Fluiddruckbelastbarkeiten der Gesteinsformationen des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs nicht in einer Weise überschreiten, die zu einer erheblichen Zunahme von Fluidwegsamkeiten im einschlusswirksamen Gebirgsbereich führt;
2.
durch die Temperaturentwicklung die Barrierewirkung des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs nicht erheblich beeinträchtigt wird und
3.
die möglichen Änderungen der chemischen Verhältnisse im Einlagerungsbereich, insbesondere auf Grund der in das Endlagerbergwerk eingebrachten Materialien, die Barrierewirkung des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs nicht erheblich beeinträchtigen.
(3) Bei der Prüfung und Darstellung sind sämtliche im Endlagerbereich aufzufahrenden oder bereits bestehenden Hohlräume und die zu ihrer Abdichtung und ihrem Verschluss vorgesehenen technischen und geotechnischen Barrieren zu berücksichtigen.
(4) Die für die Langzeitsicherheit erforderlichen Eigenschaften von technischen oder geotechnischen Barrieren sind im Sicherheitskonzept zu spezifizieren. Es ist zu prüfen und darzustellen, dass die Herstellung und Errichtung der Barrieren nach diesen Spezifikationen in der erforderlichen Anzahl qualitätsgesichert möglich sind. Die vorgesehene Qualitätssicherung muss dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. Die Herstellung, die Errichtung und die Funktion der Barrieren müssen erfolgreich erprobt sein, soweit ihre Robustheit nicht anderweitig nachgewiesen werden kann und keine Sicherheitsreserven in einem Umfang bestehen, die den Verzicht auf eine Erprobung erlauben.
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§ 6 Integrität und Robustheit der technischen und geotechnischen Barrieren als wesentliche Barrieren

(1) Im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 2 ist für die zu erwartenden Entwicklungen im Bewertungszeitraum die Integrität des Systems der wesentlichen technischen und geotechnischen Barrieren zu prüfen und darzustellen und seine Robustheit zu begründen. Die für den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle relevanten Eigenschaften der weiteren Barrieren des Endlagersystems und insbesondere des Gebirges im Einlagerungsbereich sind zu spezifizieren. Es ist zu prüfen und darzustellen, dass diese Eigenschaften mindestens in dem Zeitraum erhalten bleiben, in dem sie nach dem Sicherheitskonzept erforderlich sind.
(2) Hinsichtlich der Integrität des Systems der wesentlichen technischen und geotechnischen Barrieren ist zu prüfen und darzustellen, dass die Sicherheitsfunktionen der wesentlichen technischen und geotechnischen Barrieren nicht erheblich beeinträchtigt werden durch
1.
die im Einlagerungsbereich möglicherweise ablaufenden hydraulischen, chemischen und physikalischen Prozesse, insbesondere Korrosion und Erosion,
2.
im umgebenden Gebirge auftretende Spannungen, Drücke und mögliche Gebirgsbewegungen und
3.
die Temperaturentwicklung.
(3) Bei der Prüfung und Darstellung sind die geologische und hydrogeologische Umgebung, die Eigenschaften der weiteren Barrieren des Endlagersystems sowie die Eigenschaften der einzulagernden Abfälle zu berücksichtigen.
(4) Die für die Langzeitsicherheit erforderlichen Eigenschaften der wesentlichen technischen und geotechnischen Barrieren sind im Sicherheitskonzept zu spezifizieren. Es ist zu prüfen und darzustellen, dass die Herstellung und Errichtung der Barrieren nach diesen Spezifikationen in der erforderlichen Anzahl qualitätsgesichert möglich sind. Die vorgesehene Qualitätssicherung muss dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. Die Herstellung und Errichtung der Barrieren muss unter realistischen Bedingungen erfolgreich erprobt sein. Ihre Funktion unter diesen Bedingungen ist zu prüfen und darzustellen.
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§ 7 Dosiswerte im Bewertungszeitraum

(1) Es ist zu prüfen und darzustellen, dass Expositionen auf Grund von Austragungen von Radionukliden aus den eingelagerten radioaktiven Abfällen geringfügig im Vergleich zur natürlichen Strahlenexposition sind. Hierzu ist darzustellen, in welchem Gebiet zusätzliche Strahlenexpositionen auftreten können. Es ist als Indikator die zusätzliche jährliche effektive Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung abzuschätzen, die während des Bewertungszeitraums durch Austragungen von Radionukliden aus den eingelagerten radioaktiven Abfällen auftreten kann. Bei der Abschätzung sind die Lebensbedingungen zum Zeitpunkt der Antragstellung für den gesamten Bewertungszeitraum zu unterstellen.
(2) Die Abschätzung ist sowohl für die zu erwartenden Entwicklungen als auch für die abweichenden Entwicklungen vorzunehmen. Expositionen auf Grund von Austragungen von Radionukliden aus den eingelagerten radioaktiven Abfällen sind geringfügig im Sinne von Absatz 1 Satz 1, wenn
1.
für die zu erwartenden Entwicklungen die abgeschätzte zusätzliche effektive Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung höchstens im Bereich von 10 Mikrosievert pro Kalenderjahr liegt und
2.
für die abweichenden Entwicklungen die abgeschätzte zusätzliche effektive Dosis für Einzelpersonen der Bevölkerung 100 Mikrosievert pro Kalenderjahr nicht überschreitet.
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§ 8 Ausschluss sich selbst tragender Kettenreaktionen

(1) Es ist zu prüfen und darzustellen, dass sich selbst tragende Kettenreaktionen während des Betriebs und der Stilllegung des Endlagers sowie für die zu erwartenden und die abweichenden Entwicklungen im Bewertungszeitraum ausgeschlossen sind.
(2) Um eine sich selbst tragende Kettenreaktion ausschließen zu können, muss der berechnete Neutronenmultiplikationsfaktor kleiner sein als
1.
0,95 im Zeitraum von 500 Jahren nach dem geplanten Verschluss des Endlagers und
2.
0,98 während des übrigen Bewertungszeitraumes.
Die Berechnung erfolgt nach der Anlage.
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§ 9 Erkundung des Endlagerstandortes

(1) Bei der Erkundung des Endlagerstandortes sind die Daten über die Eigenschaften des Standortes, die für die Sicherheit des Endlagers wesentlich sind, qualitätsgesichert und in einem für den Sicherheitsbericht ausreichenden Umfang zu erheben. Die vorgesehene Qualitätssicherung muss dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. Die Variationsbreite der erhobenen Daten ist zu ermitteln und ihre mögliche Veränderung während der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung des Endlagers sowie im Bewertungszeitraum ist abzuschätzen.
(2) Alle untertägigen Hohlräume sind gebirgsschonend aufzufahren und nach Gebrauch so zu verschließen, dass die für den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle relevanten Eigenschaften des Gebirges im Endlagerbereich, insbesondere des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 1, erhalten bleiben.
(3) Alle geschaffenen oder bereits bestehenden Hohlräume und Bohrungen sind zu dokumentieren. Dies gilt auch für solche Hohlräume und Bohrungen, die nur vorübergehend bestehen oder die nur einen geringfügigen Umfang haben.
(4) Die Arbeiten sind so zügig durchzuführen, wie dies unter Gewährleistung der erforderlichen Sicherheit möglich ist.

Fußnote

(+++ § 9 Abs. 2 bis 4: Zur Geltung vgl. §§ 15 Abs. 3, 16 Abs. 4 u. 19 Abs. 3 +++)
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§ 10 Sicherheitskonzept

(1) In einem Sicherheitskonzept ist darzulegen, wie das Ziel der Konzentration und des sicheren Einschlusses der radioaktiven Abfälle nach § 4 Absatz 1 erreicht werden soll. Dabei ist das gesamte Endlagersystem während der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung sowie im Bewertungszeitraum zu berücksichtigen.
(2) Basis für die Erstellung des Sicherheitskonzeptes sind die zu erwartenden Entwicklungen des Endlagersystems im Bewertungszeitraum. Die abweichenden Entwicklungen sind einzubeziehen.
(3) Im Sicherheitskonzept sind die Ergebnisse der umfassenden vorläufigen Sicherheitsuntersuchung nach § 18 Absatz 1 Satz 2 des Standortauswahlgesetzes zu berücksichtigen. Insbesondere sind Änderungen gegenüber dem in der umfassenden vorläufigen Sicherheitsuntersuchung zu Grunde gelegten vorläufigen Sicherheitskonzept auszuweisen und zu begründen.
(4) Es ist darzustellen, dass die Optimierung des Sicherheitskonzeptes nach § 12 Absatz 2 abgeschlossen ist.
(5) Das Sicherheitskonzept muss eine Darstellung aller vorgesehenen Barrieren des Endlagersystems, insbesondere der wesentlichen Barrieren nach § 4 Absatz 3, ihrer jeweiligen Sicherheitsfunktionen und ihres Zusammenwirkens, enthalten. Die Darstellung muss auch ein Verschlusskonzept zur Abdichtung von Hohlräumen, die mit radioaktiven Abfällen beladen worden sind, umfassen. Es ist darzulegen, dass die Sicherheitsfunktionen des Endlagersystems und seiner Barrieren gegenüber inneren und äußeren Einflüssen und Störungen unempfindlich sind und dass das Verhalten der Barrieren gut prognostizierbar ist.
(6) Das Sicherheitskonzept hat im Übrigen zu enthalten:
1.
einen Ablaufplan für die Errichtung, den Betrieb und die Stilllegung des Endlagers, der darlegt, wie die Sicherheit des Endlagers nach § 17 sichergestellt werden kann und wie die radioaktiven Abfälle in einem sicheren Zustand gehalten werden können,
2.
eine Darstellung der Maßnahmen, mit denen die Rückholbarkeit der eingelagerten radioaktiven Abfälle nach § 13 bis zum Beginn der Stilllegung gewährleistet wird, und
3.
eine Darstellung der Vorkehrungen, die zur Ermöglichung einer Bergung der eingelagerten radioaktiven Abfälle nach § 14 getroffen werden.
(7) Im Sicherheitskonzept zu berücksichtigen sind Maßnahmen, die bis zum Abschluss der Stilllegung erforderlich sind
1.
zur Gewährleistung des erforderlichen Schutzes des Endlagers vor Störmaßnahmen und sonstigen Einwirkungen Dritter und
2.
zur Überwachung von Kernmaterial.
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§ 11 Auslegung des Endlagers

(1) Die technische Auslegung des Endlagers ist aus dem Sicherheitskonzept abzuleiten und zu optimieren. Sie hat insbesondere Folgendes zu umfassen:
1.
die Definition der wesentlichen Barrieren nach § 4 Absatz 3 unter Berücksichtigung der Endlagergebinde, der Einlagerungstechnik und der Einlagerungsgeometrie, dabei
a)
im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 1 Lage und Abmessungen des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs oder
b)
im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 2 Spezifikationen der wesentlichen technischen und geotechnischen Barrieren,
2.
die Definition der weiteren Barrieren des Endlagersystems unter Berücksichtigung der Endlagergebinde, der Einlagerungstechnik und der Einlagerungsgeometrie,
3.
die Positionierung und technische Ausführung aller untertägigen Hohlräume, insbesondere der für die Einlagerung von Endlagergebinden bestimmten Bereiche, sowie aller Tageszugänge,
4.
die Spezifikation der Einbauten und Geräte, die der Handhabung von Endlagergebinden dienen,
5.
die sicherheitstechnischen Anforderungen an die Endlagergebinde sowie die Vorgaben für die Behandlung der darin enthaltenen Abfälle nach § 3 Absatz 1 Satz 2 der Atomrechtlichen Entsorgungsverordnung vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2034, 2172) in der jeweils geltenden Fassung,
6.
das Einlagerungskonzept, insbesondere Anordnung sowie Handhabung und Kontrolle der Endlagergebinde,
7.
die Maßnahmen zur Gewährleistung der Rückholbarkeit bereits eingelagerter Endlagergebinde und
8.
die Stilllegungsmaßnahmen einschließlich der Verschlussmaßnahmen.
(2) Es ist darzustellen, dass die Optimierung der Auslegung des Endlagers nach § 12 Absatz 2 abgeschlossen ist.
(3) Bei der Auslegung der untertägigen Bereiche des Endlagers, insbesondere bei der Festlegung der Grenzen des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs oder im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 2 des Einlagerungsbereichs, sind alle Ergebnisse der Erkundung des Endlagerstandortes, insbesondere die geologischen Befunde der untertägigen Erkundung, einschließlich ihrer Ungewissheiten und deren Relevanz für die Sicherheit und Robustheit des Endlagersystems, zu berücksichtigen.
(4) Die Verletzung des Gebirges im Endlagerbereich, und im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 1 insbesondere des vorgesehenen einschlusswirksamen Gebirgsbereichs, mit Schächten, Auffahrungen oder Bohrungen ist auf das für die sichere Errichtung, den sicheren Betrieb und die sichere Stilllegung des Endlagers unvermeidliche Ausmaß zu beschränken.
(5) Für alle vorgesehenen technischen Komponenten des Endlagers sind die Bedingungen für einen sicheren Betrieb zu dokumentieren, zu begründen und bei der Auslegung des Endlagers zu berücksichtigen.
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§ 12 Optimierung des Endlagersystems

(1) Das Sicherheitskonzept und die technische Auslegung des Endlagers sind unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Beachtung der Ausgewogenheit der Maßnahmen zur Erreichung folgender Ziele zu optimieren:
1.
die Langzeitsicherheit des Endlagers, insbesondere die Qualität des sicheren Einschlusses der radioaktiven Abfälle und Robustheit des Endlagersystems, sowie
2.
die Betriebssicherheit des Endlagers.
(2) Die Optimierung ist abgeschlossen, wenn eine weitere Verbesserung der Sicherheit nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erreicht werden kann.
(3) Bei der Optimierung des Endlagers sind neben den zu erwartenden und den abweichenden Entwicklungen nach § 3 Absatz 3 und 4 auch die hypothetischen Entwicklungen und Entwicklungen auf der Grundlage zukünftiger menschlicher Aktivitäten nach § 3 Absatz 6 und 7 zu berücksichtigen. Es ist sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Optimierung des Endlagersystems, die aus abweichenden Entwicklungen abgeleitet werden, die Sicherheit des Endlagers für die zu erwartenden Entwicklungen nicht erheblich beeinträchtigen. Maßnahmen, die aus hypothetischen Entwicklungen abgeleitet werden, dürfen die Sicherheit des Endlagers für die zu erwartenden und für die abweichenden Entwicklungen nicht erheblich beeinträchtigen. Die Optimierung zur Verringerung möglicher Auswirkungen von zukünftigen menschlichen Aktivitäten auf das Endlagersystem ist nachrangig durchzuführen.
(4) Im Rahmen der periodischen Sicherheitsüberprüfungen nach § 9h Nummer 1 des Atomgesetzes in Verbindung mit § 19a Absatz 3 und 4 des Atomgesetzes ist eine erneute Optimierung auf der Grundlage umfassender Sicherheitsanalysen vorzunehmen. Dabei ist das Sicherheitskonzept des Endlagersystems nach dem Stand von Wissenschaft und Technik grundlegend zu überprüfen und ist eine Untersuchung möglicher Alternativen zum aktuellen Endlagersystem und seinen Komponenten durchzuführen. Aus den Ergebnissen der Überprüfung und der Untersuchung sind mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit des Endlagers abzuleiten. Erkenntnisse aus der Errichtung, dem Betrieb und der Stilllegung des Endlagers sind zu berücksichtigen.
(5) § 8 des Strahlenschutzgesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966), das zuletzt durch Artikel 248 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung bleibt unberührt.
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§ 13 Rückholbarkeit eingelagerter Endlagergebinde

(1) Endlagergebinde, die in das Endlager eingelagert wurden, müssen bis zum Beginn der Stilllegung des Endlagers rückholbar sein.
(2) Die Rückholung ist so zu planen, dass der dafür voraussichtlich erforderliche technische und zeitliche Aufwand den für die Einlagerung erforderlichen Aufwand nicht unverhältnismäßig übersteigt. Die für eine Rückholung erforderlichen technischen Einrichtungen sind während des Betriebs vorzuhalten.
(3) Maßnahmen, die der Gewährleistung der Rückholbarkeit dienen, dürfen die Langzeitsicherheit des Endlagers nicht gefährden.
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§ 14 Ermöglichung einer Bergung eingelagerter Endlagergebinde

(1) Es sind ausreichende Vorkehrungen dafür zu treffen, dass eine Bergung der eingelagerten Endlagergebinde während der Stilllegung und für einen Zeitraum von 500 Jahren nach dem vorgesehenen Verschluss des Endlagers möglich ist.
(2) Die Vorkehrungen sind ausreichend, wenn
1.
für die zu erwartenden Entwicklungen des Endlagersystems die eingelagerten Endlagergebinde für einen Zeitraum von 500 Jahren nach dem vorgesehenen Verschluss des Endlagers
a)
individuell aufgefunden und identifiziert werden können,
b)
mechanisch so stabil sind, dass eine Handhabung ganzer Endlagergebinde möglich ist, und
c)
bei ihrer Handhabung keine Freisetzung von radioaktiven Aerosolen erwarten lassen und
2.
eine umfassende Dokumentation angelegt wird über
a)
das aufgefahrene Endlagerbergwerk einschließlich seiner Stilllegung,
b)
sämtliche eingelagerten Endlagergebinde einschließlich ihrer jeweiligen Beladung und Position im Endlagerbergwerk und
c)
die zu erwartenden und die abweichenden Entwicklungen des Endlagersystems.
Die Dokumentation muss an mindestens zwei räumlich und organisatorisch voneinander getrennten Stellen möglichst langfristig verfügbar und lesbar gehalten werden.
(3) Maßnahmen, die der Ermöglichung einer Bergung dienen, dürfen die Langzeitsicherheit des Endlagers nicht gefährden.
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§ 15 Errichtung des Endlagers

(1) Die Errichtung des Endlagers umfasst alle Auffahrungen sowie die weiteren über- und untertägigen baulichen und technischen Maßnahmen, durch die das Endlager so vorbereitet wird, dass anschließend die Einlagerung von radioaktiven Abfällen erfolgen kann.
(2) Zur Errichtung des Endlagers zählen insbesondere
1.
die Errichtung der übertägigen Betriebs- und Infrastrukturgebäude sowie die Errichtung der Einrichtungen zur zeitweiligen Lagerung und Handhabung von Endlagergebinden,
2.
die Errichtung der Zugangs- und Bewetterungsbauwerke,
3.
das Auffahren der untertägigen Infrastrukturbereiche und das Auffahren der Ansatzpunkte für Zugangsstrecken zu den Bereichen des Endlagerbergwerks, die für die Einlagerung von radioaktiven Abfällen vorgesehen sind,
4.
die Installation aller technischen Einrichtungen, die für die untertägige Handhabung und Einlagerung von Endlagergebinden erforderlich sind, und
5.
die Bereitstellung aller technischen Einrichtungen, die für eine mögliche Rückholung von eingelagerten Endlagergebinden erforderlich sind.
(3) § 9 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.
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§ 16 Probebetrieb des Endlagers

(1) Vor der erstmaligen Annahme von radioaktiven Abfällen zum Zweck der Endlagerung muss der Betrieb des Endlagers erfolgreich erprobt worden sein.
(2) Bei der Erprobung des Betriebs
1.
muss die Errichtung des Endlagers nach § 15 abgeschlossen sein,
2.
muss die Handhabung und Einlagerung von Endlagergebinden ohne radioaktive Beladung durchgeführt werden,
3.
muss die Funktionsfähigkeit aller technischen Einrichtungen, die für eine mögliche Rückholung von eingelagerten Endlagergebinden erforderlich sind, sichergestellt werden und
4.
müssen die vorgesehenen technischen Stilllegungs- und Verschlussmaßnahmen nach § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 verfügbar sein.
(3) Zum Abschluss der Erprobung ist der Sicherheitsbericht zu überprüfen.
(4) § 9 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.
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§ 17 Sicherheit während der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung des Endlagers; Anlagenzustände

(1) Die für die Sicherheit des Endlagers relevanten Anlagenzustände während der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung sind systematisch zu ermitteln, zu beschreiben und einzuordnen als
1.
Normalbetrieb,
2.
anomaler Betrieb,
3.
Auslegungsstörfälle oder
4.
auslegungsüberschreitende Unfälle und Ereignisse.
(2) Für diese Anlagenzustände sind entsprechend gestaffelte Abwehr- und Schutzmaßnahmen als Teil des Sicherheitskonzeptes zu entwickeln und umzusetzen.
(3) In dem Sicherheitskonzept sind
1.
für den Normalbetrieb Maßnahmen vorzusehen, die den bestimmungsgemäßen Betrieb des Endlagers gewährleisten und das Eintreten anderer Anlagenzustände vermeiden,
2.
für den anomalen Betrieb Maßnahmen vorzusehen, die das Eintreten von Störfällen verhindern und das Endlager in den Normalbetrieb zurückführen,
3.
für Auslegungsstörfälle Maßnahmen entsprechend § 104 Absatz 1 Satz 1 und 2 der Strahlenschutzverordnung vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2034, 2036), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 748) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung vorzusehen, die den Störfall beherrschen und das Endlager in einen sichereren Anlagenzustand zurückführen,
4.
für auslegungsüberschreitende Unfälle und Ereignisse Maßnahmen vorzusehen, die die Auswirkungen des Ereignisses auf die Umgebung soweit wie möglich begrenzen.
(4) Die Maßnahmen dürfen die Langzeitsicherheit des Endlagersystems nicht erheblich und nicht mehr als unvermeidlich beeinträchtigen.
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§ 18 Einlagerung von radioaktiven Abfällen

(1) Es dürfen nur solche Endlagergebinde in das Endlagerbergwerk eingebracht werden, deren Endlagerfähigkeit nach § 3 Absatz 1 Satz 2 der Atomrechtlichen Entsorgungsverordnung festgestellt worden ist.
(2) Der für die Einlagerung von radioaktiven Abfällen genutzte Bereich des Endlagerbergwerkes ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Dieser Bereich ist jeweils zügig aufzufahren, zu beladen, zu verfüllen und gemäß dem Verschlusskonzept gegen das restliche Endlagerbergwerk zu verschließen.
(3) Die Handhabung von Endlagergebinden ist von den bergmännischen Arbeiten im Endlagerbergwerk und sonstigen baulichen Arbeiten auf dem Gelände des Endlagers zu trennen.
(4) Während des Betriebs muss gewährleistet sein, dass jederzeit die personellen Voraussetzungen für eine eventuell notwendige Teilumsetzung des Stilllegungskonzeptes, die das Endlager in einen passiv sicheren Zustand versetzt, bestehen. Die dazu erforderlichen technischen Einrichtungen sind vorzuhalten.
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§ 19 Stilllegung des Endlagers

(1) Nach Abschluss der Einlagerung von radioaktiven Abfällen ist das Endlager so stillzulegen, dass das Endlagersystem den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle nach § 4 während des Bewertungszeitraumes passiv und wartungsfrei gewährleistet.
(2) Die Stilllegung des Endlagers umfasst insbesondere die möglichst vollständige Verfüllung aller untertägigen Hohlräume und ihren Verschluss sowie den Rückbau der die Langzeitsicherheit beeinträchtigenden technischen Einrichtungen.
(3) § 9 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

§ 20 Überwachung des Endlagers und seiner Umgebung

(1) Das Endlager und seine Umgebung sind im Rahmen eines Monitorings kontinuierlich zu überwachen. Das Monitoring hat insbesondere solche beobachtbaren Parameter zu überwachen, die frühzeitig auf Abweichungen von den zu erwartenden Entwicklungen des Endlagersystems hindeuten können. Bei der Festlegung der zu überwachenden Parameter sind die Ergebnisse der vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen nach § 14 Absatz 1 Satz 2, § 16 Absatz 1 Satz 2 und § 18 Absatz 1 Satz 2 des Standortauswahlgesetzes sowie die absehbaren zukünftigen Informationsbedürfnisse zu berücksichtigen.
(2) Das Monitoring ist vom Betreiber möglichst frühzeitig einzurichten. Es beginnt spätestens mit der Erkundung des Endlagerstandortes nach § 9. Die Ergebnisse des Monitorings sind zu dokumentieren.
(3) Das Monitoring ist ab seinem Beginn in zehnjährigen Abständen systematisch fortzuschreiben. Nach der Erteilung der Genehmigung nach § 9b Absatz 1a des Atomgesetzes erfolgt die Fortschreibung im Rahmen der periodischen Sicherheitsüberprüfungen nach § 9h des Atomgesetzes in Verbindung mit § 19a Absatz 3 und 4 des Atomgesetzes. In jeder Fortschreibung sind die jeweils bestehenden Zugangsmöglichkeiten zu den radioaktiven Abfällen sowie mögliche Fortentwicklungen der Erkenntnismethoden und Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen. In jeder Fortschreibung ist auch aufzuzeigen, welcher Entwicklungsbedarf für die verwendeten und möglichen neuen Monitoring-Methoden besteht und wie dieser berücksichtigt werden soll.
(4) Die Maßnahmen des Monitorings dürfen zu keiner sicherheitsrelevanten Beeinträchtigung des Endlagersystems führen.
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§ 21 Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen am selben Standort

(1) Durch eine zusätzliche Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen am selben Standort
1.
darf die Robustheit des Endlagersystems für hochradioaktive Abfälle für zu erwartende Entwicklungen nicht beeinträchtigt werden und
2.
dürfen sich mögliche Austragungen von Radionukliden nach § 4 Absatz 5 und 6 für die zu erwartenden und die abweichenden Entwicklungen nicht erhöhen.
(2) Soll am selben Standort eine zusätzliche Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen erfolgen, so ist für diese Abfälle ein separates Endlagerbergwerk aufzufahren. Zwischen der technischen Infrastruktur dieses Endlagerbergwerkes und der technischen Infrastruktur des Endlagerbergwerkes für hochradioaktive Abfälle dürfen keine sicherheitsrelevanten wechselseitigen Abhängigkeiten oder nachteiligen Beeinflussungen bestehen. Die übertägige Handhabung und Behandlung der hochradioaktiven Abfälle und der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle sind voneinander zu trennen. Über die Sätze 1 bis 3 hinausgehende Anforderungen an die Betriebs-und Langzeitsicherheit des Endlagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle sind nicht Gegenstand dieser Verordnung.
(3) Absatz 2 gilt nicht für geringe Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle, deren Volumen deutlich geringer ist als das Volumen der am selben Standort einzulagernden hochradioaktiven Abfälle. Für diese geringen Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle gelten die Bestimmungen dieser Verordnung mit Ausnahme der §§ 13 und 14 entsprechend. Insbesondere ist im Sicherheitsbericht darzulegen, dass diese geringen Mengen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle die Integrität der technischen, geotechnischen und geologischen Barrieren entsprechend Absatz 1 nicht nachteilig beeinflussen.
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Anlage (zu § 8 Absatz 2)
Berechnung des Neutronenmultiplikationsfaktors

(Fundstelle: BGBl. I 2020, 2102)

Teil A

Anforderungen an die Bestimmung der reaktivsten Anordnung
Zum Ausschluss einer sich selbst tragenden Kettenreaktion ist jeweils die reaktivste Anordnung der Abfälle zu berücksichtigen. Die reaktivste Anordnung ist die Anordnung, die zum größten Wert des berechneten Neutronenmultiplikationsfaktors keff, calc zuzüglich der Summe σk aller seiner Ungewissheiten führt.
Bei der Ermittlung der reaktivsten Anordnung sind die Bandbreiten
der element- und isotopenweisen Zusammensetzungen,
der physikalischen und chemischen Beschaffenheiten der hochradioaktiven Abfälle und
der in Teil B genannten reaktivitätsrelevanten Gebindeparameter
zu berücksichtigen. Außerdem sind alle zu erwartenden und abweichenden Entwicklungen des Endlagersystems mit den damit verbundenen geologischen, geophysikalischen und geochemischen Prozessen über den gesamten Bewertungszeitraum auf die Reaktivität der eingelagerten Spaltstoffe hin zu untersuchen und bei der Ermittlung der reaktivsten Anordnung zu berücksichtigen.
Bei der Ermittlung der reaktivsten Anordnung ist die Veränderung der hochradioaktiven Abfälle während des Bewertungszeitraumes, insbesondere auf Grund des radioaktiven Zerfalls und der im betrachteten Endlagersystem ablaufenden Prozesse, zu berücksichtigen. Zu diesen Prozessen gehören auch der Stofftransport und die mögliche daraus resultierende Akkumulation von Spaltstoffen.
Abdeckende oder andere konservative Annahmen dürfen für den gesamten Bewertungszeitraum oder abschnittsweise verwendet werden, wenn diese Annahmen für den jeweils unterstellten Zeitraum hinreichend begründet sind.
Die eingesetzten Berechnungsprogramme und Stoffdatenbanken müssen dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen und diesbezüglich qualifiziert sein.


Teil B

Berechnung zum Ausschluss einer sich selbst tragenden Kettenreaktion
Eine sich selbst tragende Kettenreaktion im Bewertungszeitraum gilt als ausgeschlossen, wenn der berechnete Neutronenmultiplikationsfaktor keff, calc zuzüglich der Summe σk aller seiner Ungewissheiten für die reaktivste zu betrachtende Anordnung von hochradioaktiven Abfällen das Akzeptanzkriterium nach § 8 Absatz 2 erfüllt.
Das Rechenmodell zur Berechnung von keff, calc hat relevante reaktivitätsbeeinflussende Größen der realen Anordnung zu berücksichtigen. Die relevanten Größen umfassen mindestens:
1.
die Menge der Spaltstoffe sowie ihre element- und isotopenweise Zusammensetzung,
2.
Neutronen moderierende oder reflektierende Stoffe in den Spaltstoffanordnungen, zwischen den Spaltstoffanordnungen und um die Spaltstoffanordnungen,
3.
die geometrische Anordnung aller beteiligten Materialien und
4.
die Temperatur der Anordnung.
Die Berücksichtigung von reaktivitätsmindernden Einflussfaktoren ist in dem Maße zulässig, wie ihr Vorhandensein im jeweils unterstellten Zeitraum gewährleistet werden kann.
Folgende Größen des jeweils zu Grunde liegenden Rechenmodells sind bei der Ermittlung der Summe der Ungewissheiten σk mindestens zu berücksichtigen:
1.
Ungewissheiten bei den eingesetzten Wirkungsquerschnitten,
2.
Ungewissheiten hinsichtlich der Spaltstoffmenge,
3.
Ungewissheiten hinsichtlich der element- und isotopenweisen Zusammensetzung der Spaltstoffe,
4.
Ungewissheiten hinsichtlich der Art, Zusammensetzung und Konzentration der übrigen Materialien, insbesondere der Neutronen moderierenden, reflektierenden oder absorbierenden Stoffe,
5.
Auswirkungen von Ungewissheiten in der Berechnung der für den Ausschluss von Kritikalität wesentlichen geologischen, geophysikalischen und geochemischen Prozesse im Endlagersystem und
6.
bekannte systematische Abweichungen in den verwendeten Berechnungsprogrammen.
Die Ungewissheiten sowie ihre wechselseitigen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen sind durch Unsicherheits- und Sensitivitätsanalysen zu untersuchen.