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Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Telekommunikationsgesetz (TKG)
§ 26 Zugangsverpflichtungen

(1) Die Bundesnetzagentur kann ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht verpflichten, anderen Unternehmen Zugang zu gewähren, wenn anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Endkundenmarktes behindert würde und die Interessen der Endnutzer beeinträchtigt würden.
(2) Bei der Prüfung, ob und welche Zugangsverpflichtungen nach Absatz 1 gerechtfertigt sind und ob diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen nach § 2 stehen, prüft die Bundesnetzagentur, ob
1.
bereits oder absehbar auferlegte Verpflichtungen nach diesem Teil oder bereits abgeschlossene oder angebotene kommerzielle Zugangsvereinbarungen im betreffenden oder in einem verbundenen Vorleistungsmarkt und
2.
die bloße Auferlegung von Verpflichtungen nach Absatz 3 Nummer 10
zur Sicherstellung der in § 2 genannten Ziele ausreichen. Dabei berücksichtigt die Bundesnetzagentur insbesondere:
1.
die technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit der Nutzung oder Installation konkurrierender Einrichtungen angesichts des Tempos der Marktentwicklung, wobei die Art und der Typ der Zusammenschaltung und des Zugangs berücksichtigt werden, einschließlich der Tragfähigkeit anderer vorgelagerter Zugangsprodukte;
2.
die Möglichkeit der Gewährung des vorgeschlagenen Zugangs angesichts der verfügbaren Kapazität;
3.
die Anfangsinvestitionen des Eigentümers der Einrichtung unter Berücksichtigung etwaiger getätigter öffentlicher Investitionen und der Investitionsrisiken, insbesondere solcher Risiken, die mit Investitionen in Netze mit sehr hoher Kapazität verbunden sind;
4.
die Notwendigkeit zur langfristigen Sicherung des Wettbewerbs unter besonderer Berücksichtigung eines wirtschaftlich effizienten Infrastrukturwettbewerbs und innovativer Geschäftsmodelle;
5.
gewerbliche Schutzrechte oder Rechte an geistigem Eigentum;
6.
die Bereitstellung unionsweiter Dienste und
7.
die zu erwartende technische Entwicklung von Netzgestaltung und Netzmanagement.
(3) Die Bundesnetzagentur kann Unternehmen, die über beträchtliche Marktmacht verfügen, unter Beachtung von Absatz 1 unter anderem folgende Verpflichtungen auferlegen:
1.
Zugang zu bestimmten physischen Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen einschließlich des physisch entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss zu gewähren;
2.
bereits gewährten Zugang zu Einrichtungen nicht nachträglich zu verweigern;
3.
Zugang zu bestimmten aktiven oder virtuellen Netzkomponenten und -diensten, einschließlich des virtuell entbündelten Breitbandzugangs, zu gewähren;
4.
bestimmte notwendige Voraussetzungen für die Interoperabilität durchgehender Nutzerdienste oder für Roaming in Mobilfunknetzen zu schaffen;
5.
Zugang zu Systemen für die Betriebsunterstützung oder ähnlichen Softwaresystemen, die zur Gewährleistung eines chancengleichen Wettbewerbs bei der Bereitstellung von Diensten notwendig sind, unter Sicherstellung der Effizienz bestehender Einrichtungen zu gewähren;
6.
Zugang zu zugehörigen Diensten wie einem Identitäts-, Standort- und Präsenzdienst zu gewähren;
7.
Zusammenschaltung von öffentlichen Telekommunikationsnetzen zu ermöglichen;
8.
offenen Zugang zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien, die für die Interoperabilität von Diensten oder für Dienste für virtuelle Telekommunikationsnetze unentbehrlich sind, zu gewähren;
9.
Kollokation oder andere Formen der gemeinsamen Nutzung von zugehörigen Einrichtungen zu ermöglichen sowie den Nachfragern oder deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren und
10.
Zugang zu baulichen Anlagen, wozu unter anderem Gebäude oder Gebäudezugänge, Verkabelungen in Gebäuden, Antennen, Türme und andere Trägerstrukturen, Pfähle, Masten, Leitungsrohre, Leerrohre, Kontrollkammern, Einstiegsschächte und Verteilerkästen gehören, zu gewähren, auch dann, wenn diese nicht Teil des sachlich relevanten Marktes nach § 10 sind, sofern die Zugangsverpflichtung im Hinblick auf das in der Marktanalyse nach § 11 festgestellte Problem erforderlich und angemessen ist.
(4) Weist ein Unternehmen nach, dass durch die Inanspruchnahme der Leistung die Aufrechterhaltung der Netzintegrität oder die Sicherheit des Netzbetriebs gefährdet würde, erlegt die Bundesnetzagentur die betreffende Zugangsverpflichtung nicht oder in anderer Form auf. Die Aufrechterhaltung der Netzintegrität und die Sicherheit des Netzbetriebs sind nach objektiven Maßstäben zu beurteilen.
(5) Wenn die Bundesnetzagentur einem Unternehmen eine Zugangsverpflichtung auferlegt, kann sie technische oder betriebliche Bedingungen festlegen, die vom Betreiber oder von den Nutzern dieses Zugangs erfüllt werden müssen, soweit dies erforderlich ist, um den normalen Betrieb des Telekommunikationsnetzes sicherzustellen. Verpflichtungen, bestimmte technische Normen oder Spezifikationen zugrunde zu legen, müssen mit den nach Artikel 39 der Richtlinie (EU) 2018/1972 festgelegten Normen und Spezifikationen übereinstimmen.
(6) Im Rahmen der Erfüllung der Zugangsverpflichtungen sind Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen sowie Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen zuzulassen, es sei denn, ein Unternehmen weist im Einzelfall nach, dass eine Nutzungsmöglichkeit oder eine Kooperation aus technischen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich ist.